40 Tote bei Zugscrash in Griechenland

Während nach dem verheerenden Zugsunfall in Griechenland in der Nacht auf Mittwoch mit 40 Toten und 130 Verletzten in der Hoffnung auf Überlebende noch Bergungsarbeiten im Gange sind, laufen bereits Ermittlungen zur Unfallursache.

Erste Hinweise gibt es: Dass die beiden Züge auf der zweispurigen Strecke aufeinander zurasten und letztlich kollidierten, scheint einer Kombination aus technischer Unzulänglichkeit und menschlichem Versagen geschuldet. Der zuständige Verkehrsminister trat indes zurück.

Medienberichten zufolge funktionierte das elektronische Leitsystem auf der Strecke nicht – bereits seit einiger Zeit soll es Bahnangestellten zufolge außer Betrieb sein. Deshalb seien die jeweiligen Bahnhofsvorsteher für die korrekte Weiterleitung der Züge verantwortlich gewesen. Der Personenzug könnte schon vom Bahnhof der Stadt Larisa aus auf die falsche Spur geschickt worden sein, auf der ihm später der Güterzug entgegenkam.

Der Vorgang, dass Stationsleiter die Züge für ihre jeweils überantworteten Abschnitte anweisen, ist in Griechenland nicht ungewöhnlich – insbesondere auf eingleisigen Strecken: „Wir fahren wie in alten Zeiten von einem Streckenteil zum anderen per Funk. Die Stationsleiter geben uns grünes Licht“, sagte Kostas Genidounias, Präsident der Gewerkschaft der Lokführer, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ERT.

Mangels eines Leitsystems war zunächst auch der genaue Unfallort nicht auszumachen, berichtete ERT zudem – die Rettungskräfte hätten die Stelle erst suchen müssen. Der für den Abschnitt zuständige Bahnhofsvorsteher sei bereits festgenommen worden, hieß es weiter. Andere Mitarbeiter und Techniker würden befragt. Nach Angaben eines Regierungssprechers waren die beiden Züge vor dem Unglück „mehrere Kilometer lang“ auf demselben Gleis unterwegs gewesen.

Das Unglück hatte sich kurz vor Mitternacht ereignet. Die ersten vier Waggons des mit 352 Passagieren besetzten Personenzuges aus Athen (darunter 342 Fahrgäste und zehn Angestellte) seien nach dem Zusammenstoß mit dem aus der Gegenrichtung anfahrenden Güterzug mit zwei Arbeitern an Bord entgleist, sagte der Gouverneur der Region Thessalien, Konstantinos Agorastos. Die beiden Waggons an der Spitze des Zuges seien nahezu vollständig zerstört worden. Der Personenzug war der Intercity 62, der aus Athen um 19.22 Uhr nach Thessaloniki abgefahren war.

Im Laufe des Mittwochs gingen am Unfallort nahe Larisa im Zentrum des Landes die Such- und Bergungsarbeiten weiter – und das mit der Befürchtung, dass es weitere Opfer gibt. Mit Kränen und anderem schwerem Gerät versuchten Feuerwehrleute und Rettungskräfte, die entgleisten und teils ausgebrannten Waggons zu heben, um in den Wracks nach Überlebenden und möglichen weiteren Opfern zu suchen.

Viele der Verletzten zogen sich Brandwunden zu, weil die Waggons Feuer fingen. Viele der Toten können Berichten zufolge nur per DNA-Test identifiziert werden. Die griechische Eisenbahngewerkschaft sprach vom „schlimmsten Zugsunfall in der Geschichte des Landes“.

Sichtlich getroffen versprach Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis Mittwochmittag an der Unfallstelle die vollständige Aufklärung der Unfallursache. Es sei eine „unaussprechliche Tragödie“, sagte er. Zunächst sei nun die Hauptaufgabe, die Verwundeten zu behandeln und die Leichen zu identifizieren. Man werde alles tun, damit so etwas nie wieder passiere. Verkehrsminister Kostas Karamanlis versicherte unter Tränen, es werde nichts unter den Teppich gekehrt.

Der griechische Verkehrsminister Kostas Karamanlis trat am Mittwochnachmittag zurück. Die aktuelle Regierung habe die Eisenbahn vor dreieinhalb Jahren in einem Zustand übernommen, der nicht ins 21. Jahrhundert passe, teilte Karamanlis am Nachmittag mit. Man habe seither alles getan, um diesen Zustand zu verbessern.

„Leider reichten diese Bemühungen nicht aus, um einen solchen Unfall zu verhindern. Das ist sehr schwer für uns alle und für mich persönlich.“ Wenn so etwas Tragisches passiere, sei es nicht möglich, so weiterzumachen, als sei nichts geschehen. Er halte es für unabdingbar, dass die Bürgerinnen und Bürger dem politischen System vertrauen können.

„Aus diesem Grund trete ich vom Amt des Ministers für Infrastruktur und Verkehr zurück.“ Er fühle sich verpflichtet, die Verantwortung für die Fehler des griechischen Staates zu übernehmen, sagte Karamanlis, und drückte den Familien der Opfer nochmals sein Mitleid aus.

Auf Beschluss von Premierminister Mitsotakis wurde für die Opfer des Zugsunglücks eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Viele Staaten bekundeten ihr Beileid. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu telefonierte mit seinem griechischen Amtskollegen Nikos Dendias. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter, ganz Europa trauere mit Griechenland.

(ORF.at)

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