Eine Mahnklage ist für Verbraucherinnen und Verbraucher eventuell dann sinnvoll, wenn klare Geldforderungen bestehen, die eigentlich unbestritten sind. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie konnten etwa viele Unternehmerinnen und Unternehmer ihre zugesagte Leistungen nicht erbringen. Kunden, die diese Leistung vorab bezahlt haben, haben in vielen Fällen einen rechtlichen Anspruch darauf, ihr Geld zurück zu bekommen. Wenn Unternehmer sich weigern, das Geld zu erstatten, dann kann eine Mahnklage überlegenswert sein.
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Mahnverfahren sparen Zeit und Geld
Alle Geldforderungen bis zu 75.000 Euro werden in Österreich mittels Mahnverfahren abgehandelt, erklärt help.ORF.at-Jurist Sebastian Schumacher. Die Mahnklage ist ein vereinfachtes Verfahren und kann schriftlich vor einem Bezirksgericht eingebracht werden. Die Klagen werden vom Gericht geprüft und bewertet. Teure Gerichtstermine seien vorerst nicht notwendig, was einerseits schnelle Entscheidungen möglich mache und andererseits die Gerichte entlaste, so Schumacher.
APA/Harald Schneider
Auch Verbraucherinnen und Verbraucher können eine Mahnklage vor dem Bezirksgericht einbringen. Allerdings nur dann, wenn die Forderung die Summe von 5.000 Euro nicht übersteigt. Das entsprechende Formular findet man auf der Webseite des Justizministeriums. Ein gewisses Fachwissen sei beim Ausfüllen des Formulars allerdings von Vorteil, so Schumacher. Im Zweifelsfall könne man am Gerichtstag (einem Dienstag) das Bezirksgericht auch persönlich aufsuchen und sich von Rechtspraktikanten oder Richteramtsanwärtern unterstützen lassen.
Rechtsanwalt in vielen Fällen nicht erforderlich
Eine Mahnklage muss nicht teuer sein. Bis zu einem Betrag von 5.000 Euro muss man sich nämlich keinen Anwalt leisten. Man zahlt lediglich eine Pauschalgebühr. Diese Gebühren sind gestaffelt. Bei Forderungen zwischen 300 und 700 Euro werden beispielsweise 64 Euro fällig. Forderungen zwischen 700 und 2.000 Euro kosten 107 Euro.
Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Geldforderung zu Recht besteht, wird ein Zahlungsbefehl erlassen. Innerhalb von vier Wochen kann dieser Zahlungsbefehl vom Beklagten beeinsprucht werden, anderenfalls wird er rechtskräftig. Bleibt ein Einspruch aus, könne die bestehende Forderung also eingetrieben und gegebenenfalls auch im Rahmen einer Pfändung vom Exekutor eingetrieben werden. Die Praxis habe aber gezeigt, dass viele Zahlungsbefehle, die aufgrund einer Mahnklage erlassen wurden, gar nicht beeinsprucht werden, so der Jurist.
Mahnklage kann letztlich zu Gerichtsverfahren führen
Kommt es zu hingegen einem Einspruch, findet ein ordentliches Verfahren vor dem Bezirksgericht statt. Das Bezirksgericht werde also einen Verhandlungstermin ausschreiben, so Schumacher. Aber auch hier können Verbraucherinnen und Verbraucher auf einen Anwalt verzichten und sich selbst vertreten, sofern die Forderung den Wert von 5.000 Euro nicht übersteigt.
Das Gericht habe im Rahmen der Rechtsbelehrung Personen, die nicht anwaltlich vertreten sind, darüber aufzuklären, wie ein Verfahren formal ablaufe und welche Schritte zu setzen seien, so Schumacher. Der Jurist warnt aber davor, dass Privatpersonen vor Gericht oft überfordert sind, wenn sie auf die Hilfestellung durch einen Rechtsanwalt verzichten.
Privatpersonen ohne Anwalt oft überfordert
Eine Garantie dafür, dass die Angelegenheit günstig bleibt, wenn es nach einem Einspruch zu einem Gerichtsverfahren kommt, gebe es daher nicht. Auch dann nicht, wenn man selbst keinen Anwalt beschäftigt. Es könne natürlich sein, dass die generische Partei sich juristisch vertreten lässt. Die Kosten des gegnerischen Anwalts würden natürlich verzeichnet. Wenn man dann das Verfahren verliert, müsse man neben den Gerichtskosten auch die Anwaltskosten des Gegners übernehmen, so Schumacher.
ORF.at/Zita Köver
Wenn bei einem Unternehmen in jedem Fall mit juristischer Gegenwehr zu rechnen ist, rät der Jurist also zur Vorsicht. Selbst dann, wenn die Forderung zu Recht besteht. Auch wenn es eventuell Zweifel daran gibt, ob eine finanzielle Forderung berechtigt ist oder nicht, sollte man sich eine Klage genau überlegen, so Schumacher. Dies könne etwa der Fall sein, wenn es darum geht, Gewährleistungsansprüche durchzusetzen..
Vorsicht bei komplexen Verfahren
Gewährleistungsansprüche haben Konsumentinnen und Konsumenten beispielsweise dann, wenn ihnen von einem Händler ein mangelhaftes Produkt verkauft wurde. Sollte etwa ein neues Smartphone schon nach kurzer Zeit den Geist aufgeben, kann es sein, dass ein Gewährleistungsanspruch besteht. Der Händler müsste das Mobiltelefon dann kostenfrei reparieren, das Gerät tauschen oder den Kaufpreis erstatten.
Dazu muss aber nachgewiesen werden, dass der Mangel, der zu den Defekt verursacht hat, bereits bei der Übergabe des Smartphones an den Kunden bestanden hat. Dies könne in der Regel nur durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden. Ein Sachverständiger sei allerdings eine teure Angelegenheit, so der Experte.
Aber bei sehr klaren Forderungen könne man den Weg der Mahnklage sehr wohl riskieren, meint Schumacher. Etwa wenn man für eine Ware oder Leistung bereits bezahlt hat, dann ordnungsgemäß vom Vertrag zurückgetreten ist und der Händler nun die Kostenerstattung verweigert.
Rechtsschutzversicherung von Vorteil
Auch auf europäischer Ebene ist das Instrument der Mahnklage bekannt. Diese Variante kann dann zum Einsatz kommen, wenn das zahlungsunwillige Unternehmen seinen Sitz im EU-Ausland hat. Bei einem Streitwert bis zu 2.000 Euro gibt es dafür das Europäische Bagatellverfahren, bei einem Streitwert bis zu 75.000 Euro das Europäische Mahnverfahren. Zuständig für das Mahnverfahren ist das Bezirksgericht für Handelssachen in Wien, für das Bagatellverfahren ist das Bezirksgericht am jeweiligen Wohnsitz zuständig.
Wer über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, sollte diese aber in jedem Fall kontaktieren, bevor man überlegt, eine Mahnklage einzubringen, sagt Schumacher. Die Rechtsschutzversicherung könne beratend zur Seite stehen oder zahle eventuell sogar außergerichtlich einen Teil der offenen Forderung. Etwa wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass ein allfälliges Verfahren den damit verbundenen Aufwand nicht lohnt.
Paul Urban Blaha, help.ORF.at