Sein Ziel ist es, die Offensive gegen die Hamas bis zur vollständigen Einnahme des Gebietes fortzusetzen. Als Vorwand für den Abbruch der von der internationalen Gemeinschaft geforderten Waffenstillstandsverhandlungen will Netanjahu der Hamas die Verantwortung zuschieben – mit dem Argument, dass sie nicht bereit sei, die verbliebenen israelischen Geiseln freizulassen, die bei dem Angriff im Oktober 2023 entführt wurden.
Während die Hamas aktuell stärker an einem Waffenstillstand interessiert ist – da sie keine militärischen Ziele mehr erreichen kann –, spielt ihr gleichzeitig die anhaltende israelische Offensive in die Karten. Je mehr palästinensische Zivilisten ums Leben kommen, desto größer wird der internationale Druck auf Israel. Selbst der engste Verbündete, die USA, beginnen sich wegen der katastrophalen humanitären Lage in der Region vorsichtig zu distanzieren.
Schätzungen zufolge befinden sich noch etwa zwanzig Geiseln im Gazastreifen – von insgesamt rund fünfzig, die noch am Leben sind. In Israel wächst unterdessen der öffentliche Druck auf Netanjahu: Viele Angehörige der Geiseln befürchten, dass eine Ausweitung der Bodenoffensive deren Leben zusätzlich gefährden könnte. Besonders die Veröffentlichung eines Videos durch die Hamas, das die erschöpften Geiseln Eviatar David und Roma Braslevsky in einem kritischen Zustand zeigt, hat in der israelischen Gesellschaft für große Unruhe gesorgt.
Zwar gibt es keine verlässlichen Zahlen, doch Schätzungen zufolge sind in den vergangenen zwei Jahren der israelischen Offensive mehr als 50.000 Palästinenser ums Leben gekommen.
Netanjahu erklärte, die von der Hamas verbreiteten Videos zeigten, dass die Organisation kein echtes Interesse an einer Einigung habe:
„Sie wollen uns mit diesen entsetzlichen Videos und ihrer perfiden Propaganda brechen, die sie weltweit verbreiten“, sagte er. Einem Bericht von CNN zufolge steht der israelische Sicherheitsapparat einer Ausweitung der Bodenoffensive in den Gebieten, in denen Geiseln vermutet werden, kritisch gegenüber – aus Angst, deren Leben weiter zu gefährden.
Die israelische Koordinierungsstelle für Regierungsaktivitäten in den besetzten Gebieten (COGAT) teilte mit, dass künftig schrittweise und kontrolliert Hilfsgüter über lokale Händler in den Gazastreifen gelangen sollen. Ziel dieser Maßnahme sei es, die Menge an Hilfe zu erhöhen, gleichzeitig aber die Abhängigkeit von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen zu verringern, berichtet Reuters.
Laut COGAT gehören zu den genehmigten Waren Grundnahrungsmittel, Babynahrung, Obst, Gemüse und Hygieneartikel. Die Bezahlung soll ausschließlich über Banküberweisungen erfolgen und durch ein Kontrollsystem überwacht werden. Die israelischen Behörden behalten sich zudem das Recht vor, alle Lieferungen vor dem Einlass nach Gaza zu inspizieren.
Bislang war die Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen ausschließlich über die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen möglich.
Die Entscheidung folgt auf eine Mitteilung der Hamas vom vergangenen Sonntag, wonach sie bereit sei, mit dem Roten Kreuz bei der Versorgung der Geiseln zu kooperieren – allerdings unter der Bedingung, dass Israel bestimmte Forderungen erfüllt.
Nach Angaben palästinensischer Behörden und der Vereinten Nationen werden täglich etwa 600 LKW-Ladungen an Hilfsgütern benötigt, um den humanitären Mindestbedarf im Gazastreifen zu decken.