Und auch das Coronavirus hat die große Kluft zwischen Arm und Reich bzw. auch zwischen den Ethnien erneut aufgezeigt. Bereits im März hatte Biden erklärt, sich für eine Frau als sein Vize zu entscheiden. Hinter den Kulissen sollen verschiedene Interessengruppen tätig sein, um ihre Kandidatur Biden schmackhaft zu machen, wie „Forbes“ schreibt.
Die Suche ist diesmal besonders haarig und von größerem Gewicht. Fingerspitzengefühl ist also gefragt. Biden sucht nach einer Kandidatin, die auch im Falle des Falles die Präsidentschaft von dem 77-Jährigen übernehmen könnte, wie „Politico“ Anfang Juni schreibt. Laut „Forbes“ deckt sich das auch mit den Wünschen von demokratischen Wählern und Wählerinnen, wie eine Befragung zeigt.
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Reid: Wichtiger als in den letzten Jahrzehnten
Biden und sein politisches Umfeld sehen laut „Politico“ auch selbst, dass die Suche angesichts seines Alters und seiner eigenen Hinweise, dass er wahrscheinlich nur eine einzige Amtszeit absolvieren würde, zusätzliche Bedeutung erhält. „Es ist diesmal wichtiger, als ich es in den letzten Jahrzehnten mitbekommen habe“, so Harry Reid, ehemaliger Mehrheitsführer des Senats und Freund von Biden, gegenüber „Politico“.
Die Debatte über die Vize-Kandidatin Bidens hat noch einen weiteren Grund. Die Wahlveranstaltungen und -auftritte sind durch die CoV-Pandemie ausgesetzt. Die Diskussion über den „Running Mate“ hält allerdings den Wahlkampf im Laufen und den Namen Biden in der öffentlichen Präsenz, so „Politico“ weiter. „Die Sache mit dem Vizepräsidenten ist eine, über die die Leute schreiben und sprechen können“, zitierte „Politico“ Scott Brennan, ein Mitglied des Demokratischen Nationalkomitees aus Iowa.
Besänftigerin bei Fettnäpfchen
Auch andere Stimmen in der Partei sprechen sich für eine schwarze Kandidatin an Bidens Seite aus. Sie könne auch Bidens Fehler und Fettnäpfchen, für die der Ex-Vizepräsident bekannt ist, ausgleichen und so Kritiker und Kritikerinnen beschwichtigen, so der Tenor. So sorgte Biden Ende April mit einer Äußerung über afroamerikanische Wähler und Wählerinnen für eine Kontroverse.
Weltweite Proteste gegen Rassismus
„Ich sag Ihnen was: Wenn Sie ein Problem haben, sich zu entscheiden, ob Sie für mich oder Trump sind, dann sind Sie nicht schwarz“, sagte der 77-Jährige in der Radiosendung „The Breakfast Club“ Ende Mai. Anhänger von US-Präsident Donald Trump warfen Biden daraufhin Rassismus vor.
US-Medienberichten zufolge bedauerte Biden seine Äußerung anschließend. Der Sender CNN berichtete, Biden habe in einer Telefonschaltung mit der afroamerikanischen Handelskammer eingeräumt, dass seine Worte als hochmütig aufgefasst werden könnten. Er wisse, dass er die Stimmen von Afroamerikanern nicht für selbstverständlich halten könne. „Ich weiß, dass ich die afroamerikanischen Stimmen brauche, um die Präsidentschaftswahl zu gewinnen.“
Mehr Zustimmung durch Proteste erhofft
Biden hofft durch die Proteste gegen rassistische Polizeigewalt auch auf neue schwarze Stimmen. Er habe durch jahrzehntelange Arbeit in schwarzen Gemeinden deren Wählerstimmen gewonnen und erhalte „überwältigende Unterstützung“ von schwarzen Prominenten und Wählern, so Biden in einem Interview von Ende Mai. Der Ex-Vizepräsident genießt wegen seiner acht Jahre als Stellvertreter von Ex-Präsident Barack Obama hohes Ansehen bei Afroamerikanern.
Nach möglichen schwarzen Vizepräsidentschaftskandidatinnen gefragt, antwortete Biden, er denke da an „viele schwarze Frauen“. Im Gespräch sind neben Abrams unter anderem die Senatorin Kamala Harris und die Abgeordnete des Repräsentantenhauses Val Demings, wie es laut US-Medien heißt.
Die anhaltenden Proteste will Biden zum Anlass für den Kampf gegen Polizeigewalt und systematischen Rassismus nehmen. Es brauche „längst fällige konkrete Maßnahmen“, um dem „systematischen Rassismus“ in den USA ein Ende zu bereiten, forderte er in einem Gastbeitrag in der „Los Angeles Times“. Biden versprach, als Präsident in seinen ersten 100 Tagen im Amt eine Kommission für Polizeireformen einzusetzen. Zudem solle der Kongress schon jetzt handeln und umstrittene Polizeimethoden wie Würgegriffe bei Festnahmen verbieten.
Abrams als Liebling der Medien
Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren gilt unterdessen in US-Medien derzeit nicht mehr als möglicher Mehrheitsbringer für Biden. Warren war wegen ihrer indianischen Wurzeln mehrmals von Trump abwertend als Pocahontas bezeichnet worden.
Derzeit hat als möglicher „Running Mate“ von Biden offenbar Abrams die Nase vorne. Sie gilt auch als Liebling der Medien. So widmete die „Washington Post“ im Mai Abrams in ihrem Magazin einen großen biografischen Artikel. Über Abrams werde am meisten geschrieben, hieß es in einem Bericht von CNN über eine Rangliste der demokratischen Kandidatinnen für die Vizepräsidentschaft.
Michelle Obama als Traum der Demokraten
Im Jänner hatte Biden die ehemalige First Lady Michelle Obama ins Spiel gebracht, allerdings als Scherz, wie er auf spöttische Reaktionen im Netz dann sagte. Obama wäre der perfekte „Running Mate“ für Biden. Sie ist bei Schwarzen wie auch bei großen Teilen weißer Frauen sehr beliebt. Und sie brächte eine Unmenge an Erfahrung mit. Die Begeisterung bei den Demokraten für Obama ist groß, wie „Politico“ Ende April schrieb.
Die Demokraten würden von Obama als die perfekte Kokandidatin für Biden träumen. Nicht umsonst wurde ein Komitee gegründet, dass Obama doch noch zu einer Kandidatur bewegen will. Die Aussichten dafür sind allerdings schlecht. Die ehemalige First Lady will offenbar nichts direkt mit der Tagespolitik zu tun haben. Doch die in mehreren Bereichen erfolgreiche Politikerin Abrams, sie ist auch mehrfache Bestsellerautorin und Geschäftsfrau, gilt derzeit als schillernder möglicher Ersatz für Obama und könnte ein breites Spektrum an Wählerinnen und Wählern ansprechen.
Peter Bauer, ORF.at/Agenturen