Für die Studie des Zentrums für Politische Bildung an der PH Wien wurden im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) rund 1200 Wiener Schüler der neunten Schulstufe an AHS, berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) und Polytechnischen Schulen (PTS) befragt. Die Schulstufe wurde deshalb ausgewählt, weil im Schuljahr davor der Nationalsozialismus auf dem Geschichte-Lehrplan steht.
Demnach konnten nur 48 Prozent der AHS-Schüler die „einzig zugelassene Partei zur Zeit des Nationalsozialismus“ entweder in der Langform oder in der Abkürzung richtig benennen. An den BHS waren es 37 Prozent, an den BMS 20 und an den PTS zwölf Prozent.
Kaum ein Drittel kann Antisemitismus definieren
Weniger als ein Drittel der AHS-Schüler konnte den Begriff Antisemitismus in einer vereinfachten Form richtig definieren. An den BHS waren dazu nur 19 Prozent in der Lage, an den anderen beiden Schulformen jeweils weniger als zehn Prozent. An den PTS machten 84 Prozent dazu sogar überhaupt keine Angabe, an den BMS waren es ebenfalls mehr als drei Viertel.
Holocaust-Opferzahlen werden unterschätzt
Auch über die Opferzahl der Juden während des Holocaust wussten die Schüler wenig. Nur weniger als ein Drittel der AHS-Schüler traf eine richtige Einordnung (fünf bis sechs Millionen), an den PTS waren es weniger als zehn Prozent. Jeder zehnte AHS-Schüler sowie um die 20 Prozent der BMS- und PTS-Schüler gaben an, dass unter einer Million Juden ermordet wurden.
Im Schnitt 7,7 von 35 möglichen Punkten
Bei dem vorgegebenen Testbogen mit 14 Fragen konnten insgesamt 35 Punkte erreicht werden. Im Schnitt kamen die Schüler nur auf 7,7 Punkte. AHS-Schüler verzeichneten knapp elf Punkte, PTS-Schüler nur etwas mehr als drei. Mädchen schnitten signifikant schlechter ab als Burschen.
Im Bildungsministerium verwies man gegenüber dem Nachrichtenmagazin „profil“ auf Bemühungen wie etwa das hauseigene Holocaust-Education-Institut. Angesichts der Ergebnisse kündigte man aber an, „dass sowohl in der Lehrkräfteausbildung als auch in der -fortbildung die Auseinandersetzung mit dieser Thematik intensiviert werden muss“.
AK verlangt bessere Lehrer-Ausbildung
Auch Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl verlangt in einer Aussendung eine bessere Lehrer-Ausbildung für die Vermittlung des Themas sowie eine verpflichtende Fortbildung in Zeitgeschichte. Politische Bildung dürfe auch nicht als reine Institutionenkunde vermittelt werden.
Interessantes Detail: Die Schüler haben keineswegs das Gefühl, dass im Unterricht „zu viel“ zum Thema Nationalsozialismus durchgenommen wird. Diese Einschätzung teilten nur jeweils drei Prozent der AHS- und BHS-Schüler bzw. sieben Prozent der BMS- und fünf Prozent der PTS-Schüler. Eine Mehrheit der BMHS- und PTS-Schüler wünscht sich sogar mehr zum Thema (wobei fast alle dieser Schüler im Jahr davor eine andere Schule besucht hatten, Anm.), an den AHS sind es 42 Prozent.
(krone.at)