Bis zur Mitte des vergangenen Jahres schien es, als ob der Immobilienmarkt den multiplen Krisen trotzen könnte. Das Angebot war sehr knapp und die Nachfrage lag auf einem historischen Hoch. Doch das zweite Halbjahr war von einem spürbar steigenden Angebot und einem Nachfragerückgang von beinahe einem Drittel zum Vorjahr gekennzeichnet.
„Die steigenden Zinsen, die restriktiveren Kreditvergaberichtlinien, die hohe Inflation und die allgemeine Verunsicherung haben im zweiten Halbjahr zu einer deutlich niedrigeren Nachfrage geführt, gleichzeitig ist das Angebot – speziell im Bereich der Wohnimmobilien – seit Jahresmitte um mehr als 30 Prozent gestiegen. All diese Faktoren führen dazu, dass die hohen Preissteigerungen der letzten Jahre vorerst zu Ende sind“, erklärt Bernhard Reikersdorfer, Managing Director Remax.
Für das heurige Jahr wird das Immobilienangebot um fast 8 Prozent ansteigen, die Nachfrage sinkt jedoch um fast 11 Prozent. Der Preistrend bei Wohnimmobilien zeigt damit erstmals seit 2015 wieder nach unten.
Stärkster Rückgang im mittleren Preissegment
Der stärkste Rückgang der Nachfrage (minus 9,9 Prozent) wird im mittleren Immobilien-Preissegment gesehen, gleichzeitig wird dort aber auch der größte Zuwachs beim Angebot (8,0 Prozent) erwartet. Die Preise dürften in diesem Segment in Folge am stärksten unter allen Preissegmenten sinken, die Prognose liegt bei minus 7,9 Prozent. „Die sinkende Nachfrage kommt in erster Linie aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten von der Mittelschicht. Ein Teil sucht dann im unteren Preissegment, während Kaufinteressenten im unteren Segment überhaupt vom Kauf zumindest kurzfristig Abstand nehmen“, sagt Reikersdorfer. In der oberen und in der unteren Preisklasse zeigt sich der gleiche Trend, allerdings mit weniger Intensität.
Im Westen starkes Minus
Nach Bundesländern betrachtet wird der stärkste Nachfragerückgang für Tirol (minus 15,9 Prozent) und Vorarlberg (minus 19,3 Prozent) gesehen, während in Kärnten und Wien mit minus 6,8 bzw. minus 9 Prozent die geringsten Rückgänge zu erwarten sind. Auch bei den Preisen dürfte es in Kärnten (minus 4,7 Prozent) und Wien (minus 5,3 Prozent) am wenigsten stark zurückgehen. Die größten Abschläge werden in Vorarlberg mit minus 12,8 Prozent prognostiziert. Das Angebot dürfte in Tirol (plus 10,8 Prozent) am stärksten und in Kärnten (plus 5,1 Prozent) am wenigsten zunehmen.
Lediglich bei Mietwohnungen in zentraler Lage, Mietwohnungen am Stadtrand und Baugrundstücken werden für 2023 leichte Preissteigerungen gesehen. In allen übrigen Kategorien liegen die Erwartungen im negativen Bereich. Auf schwierige Zeiten muss man sich im Sektor Gewerbeimmobilie einstellen. Für Geschäftslokale liegt die Remax-Preiserwartung bei minus 8,1 Prozent, für Büroflächen beläuft sich das Minus auf 7,7 Prozent.
(meinbezirk.at/Foto: gettyimages)