Am Montag herrschte im Saal 303 des Wiener Straflandesgerichts erhöhte Sicherheitsstufe: 14 Justizwachebeamte sicherten den voll besetzten Gerichtssaal. Sieben Jugendliche und junge Männer im Alter zwischen 16 und 25 Jahren müssen sich dort wegen zahlreicher Delikte verantworten. Die Angeklagten – bekannt als „Liesinger Gang“ – sollen in wechselnder Zusammensetzung eine junge Lehrerin sexuell missbraucht haben. Die Anklage lautet unter anderem auf Vergewaltigung, sexuellen Missbrauch einer wehrlosen Person sowie geschlechtliche Nötigung.
Bei den Angeklagten handelt es sich um Jugendliche und junge Männer aus Afghanistan, dem Irak, Rumänien und Österreich. Neben den Sexualdelikten werden ihnen auch Brandstiftung, Drogendelikte, Einbruch, schwere Erpressung und illegaler Waffenbesitz zur Last gelegt. Besonders schockierend: Als die Lehrerin von einem damals 16-jährigen Bandenmitglied schwanger war, sollen ihr Drogen verabreicht und Fotos von ihr gemacht worden sein. Selbst ein 13-Jähriger nahm laut Ermittlungen an Drogenpartys in der Wohnung der Frau teil.
Die Lehrerin wurde bereits kontradiktorisch vernommen und muss daher nicht persönlich im Gerichtssaal erscheinen.
Angeklagte weisen Schuld von sich
Zwei 15-Jährige – einer aus dem Irak, einer aus Afghanistan – sollen laut Staatsanwaltschaft gemeinsam mit einem 14-Jährigen in der Nacht auf den 16. Jänner die Wohnung der Lehrerin in Brand gesetzt haben. Die Jugendlichen bestreiten die Vorwürfe. Auch vor Gericht bekannten sie sich zu weiten Teilen der langen Liste der Anklagepunkte nicht schuldig.
Den Ausgangspunkt der Ereignisse bildete eine einvernehmliche sexuelle Beziehung zwischen der damals 29-jährigen Lehrerin und einem 16-jährigen Schüler, der zur „Liesinger Gang“ gehörte. Der Jugendliche filmte die Begegnung heimlich und setzte die Lehrerin später mit dem Material massiv unter Druck. Unter der Drohung, die Aufnahmen zu veröffentlichen, musste sie weitere Handlungen über sich ergehen lassen – und geriet zunehmend in die Abhängigkeit der Gruppe.
Monatelanger Missbrauch und Erpressung
Zwischen Mai 2024 und Jänner 2025 sollen die Jugendlichen die Lehrerin systematisch terrorisiert und wiederholt missbraucht haben. Sie nutzten ihre Wohnung regelmäßig als Treffpunkt, konsumierten dort Drogen, aßen und tranken – sämtliche Kosten musste die Pädagogin tragen. Pizza, Burger, Getränke, Zigaretten und Suchtmittel wurden auf ihre Rechnung bestellt.
Um sie gefügig zu machen, setzten die Jugendlichen die Lehrerin massiv unter Druck. Sie drohten, kompromittierende Fotos und Videos – aufgenommen während sexueller Handlungen oder unter Drogeneinfluss – zu veröffentlichen. Sogar ein Polaroid-Foto mit einem positiven Schwangerschaftstest wurde als Erpressungsmittel eingesetzt. Aus Angst um ihren Ruf und ihre berufliche Existenz ließ die Lehrerin die Jugendlichen gewähren.
Schwere psychische Folgen
Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigt der Lehrerin eine chronische Depression sowie eine posttraumatische Belastungsstörung infolge der erlittenen sexuellen Übergriffe. Diese psychischen Beeinträchtigungen werden als einer schweren Körperverletzung gleichwertig eingestuft.
Der Prozess ist auf vier Verhandlungstage angesetzt. Mit Urteilen wird am 20. Oktober gerechnet.