Mit je zwei szenischen Premieren aus den Sparten Oper und Musical, drei Ballettabenden und einer Operettenpremiere wartet die Wiener Volksoper in der Spielzeit 2020/21 auf. Hinzu kommt eine konzertante Oper im Haupthaus sowie erneut eine Kammeroper im Kasino am Schwarzenbergplatz:
- „Sweet Charity“ (Musical), 13.9.2020
- „Hollands Meister“ (Ballett), 20.9.2020
- „Die Zauberflöte“ (Oper), 17.10.2020
- „Die Macht des Schicksals“ (Oper konzertant), 7.11.2020
- „Der Teufel auf Erden“ (Operette), 5.12.2020
- „Ein deutsches Requiem“ (Ballett), 30.1.2021
- „Into the Woods“ (Musical), 13.3.2021
- „Tod in Venedig“ (Oper), 17.4.2021
- „Promethean Fire“ (Ballett), 15.5.2021
- „Leyla und Medjnun“, (Oper), 14.6.2021 (Kasino)
Direktor Robert Meyer legte damit jenen Spielplan vor, den das Haus noch in Vor-Corona-Zeiten konzipiert hatte. Nach aktuellem Stand sei dieser Plan auch umsetzbar, betonte Meyer: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir den Termin unserer ersten Premiere, ‚Sweet Charity‘, am 13. September einhalten können, wenn wir am 2. Juni mit den Proben beginnen.“ Der Probenplan sehe jetzt ja anders aus als sonst. Im Juni würden keine Vorstellungen gespielt, daher könne auf der Bühne intensiv geprobt werden. Der Zuschauerraum soll ebenfalls für Proben verwendet werden, etwa für Chorproben mit großen Abständen.
Zwei Musicals, nur eine Operette
Das sei kein Paradigmenwechsel, sagte Meyer zum Verhältnis Musical-Operette. Von den Zahlen her sei Musical gefragter als Operette. „Und mit „Into the Woods“ kommt schon das dritte Stephen-Sondheim-Musical meiner Direktion. Es ist eine tolle Geschichte, auch wenn es dezidiert kein Kindermusical ist!“, so Meyer im APA-Gespräch. Er versprach auch eine neue „Zauberflöte“. Die bisherige Version von Helmuth Lohner stamme aus dem Jahr 2004 und sei „ganz anders als das, was Henry Mason nun als Regisseur vorhat. Ich möchte nach so langer Zeit einen anderen Zugang sehen: Etwas Verspieltes, Märchenhaftes, Buntes. Es muss bezaubernder, lustvoller sein.
Weniger bunt dürfte „Tod in Venedig“ werden, wofür die Volksoper mit London zusammenarbeitete. Es habe sich wunderbar ergeben, „dass nicht nur wir, sondern Covent Garden das Werk machen wollten, weshalb wir es koproduzieren konnten. Alle, die es in London gesehen haben, waren hellauf begeistert von David McVicars Inszenierung“, freute sich Meyer. Bedenken wegen des Brexit hätten sich zerstreut, das gesamte Bühnenbild sei bereits in Wien eingetrofffen.
Gratiskonzerte in Parks im Juni
Kein Mensch im Publikumsraum und 3,5 Millionen Euro erwarteter Einnahmenentgang durch die Coronavirus-Pandemie allein bis 30. Juni: Trotzdem geht Meyer davon aus, im kommenden September in die neue Saison zu starten. Das sei für ihn sogar dann vorstellbar, wenn die derzeit gültigen Abstandsregeln auch dann noch gelten: „Wir haben an sich ja 1.330 Plätze. Wenn wir nun immer einen Platz auslassen und versetzt platzieren, könnten wir vor 600 Zuschauer spielen. Das ist zwar nicht einmal die Hälfte, aber wir würden auch das machen“, sagte Meyer.
Die eigentlich noch laufende, aber nicht stattfindende Saison hat Meyer noch nicht abgeschrieben. Er denkt daran, an den Juniwochenenden kleine Gratiskonzerte in den Parks rund um die Volksoper zu geben. Das Orchester habe begeistert Vorschläge gemacht: „Wir denken an ein Programm der Blechbläser, Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ oder das Salonorchester der Volksoper. Und im Währinger-Park könnten wir am letzten Wochenende ein großes Operettenkonzert mit Gesangssolisten veranstalten.“ Die Genehmigungen würden gerade eingeholt, die Musiker wollen unbedingt spielen.
„Künstler stehen praktisch nackt da“
Wenig überrascht hat Meyer das Schauspiel der Regierung in Corona-Zeiten: „Österreich nennt sich zwar immer Kulturnation, aber es ist ja schon lange bemerkbar, dass der wahre Wert der Kultur von der Politik lange nicht so hoch gesehen wird, wie wir das gerne hätten. Jetzt ist es nur gnadenlos sichtbar geworden durch die Krise.“ Er verwies vor allem auf viele freischaffende Künstler, „die nun wirklich nicht mehr wissen, wie sie die Miete bezahlen können“. Die würden in der jetzigen Situation praktisch nackt dastehen.
Die Ursache liegt für Meyer im Desinteresse. Es gebe kaum noch Politiker, die eine Leidenschaft für Kultur hätten, ein Instrument spielen oder ins Theater gehen. Dass Ulrike Lunacek Staatssekretärin für Kultur geworden sei, spreche Bände: „Nur, weil ich mir ein Pflaster auf eine Wunde kleben kann, werde ich doch nicht Gesundheitsminister!“, sagte Meyer – der wiederholte, sich wieder für den Posten als Direktor der Volksoper bewerben zu wollen.
red, wien.ORF.at/Agenturen