Unter dem Titel Dissolution präsentiert Wurm in einer dramaturgischen Anordnung erstmals Skulpturen der gleichnamigen Serie (2018–2020) im musealen Kontext.
Die englische Bezeichnung „Dissolution“ bedeutet Auflösung, Verfall, Zersetzung oder Entgrenzung. Die Skulpturen, aus denen sich Finger, Hände, Lippen, Münder, Busen, Bäuche, Nabel, Nasen oder Ohren schieben, schrauben sich aus einer Masse von Ton. Die experimentellen, surrealen Gebilde aus isolierten Körperteilen und Sinnesorganen gewinnen ein Eigenleben und entwickeln eine expressive Präsenz.
Erwin Wurms skulpturale Körpersegmente nehmen die einzelnen Räume und Salons des Geymüllerschlössels von der Eingangshalle, der Bibliothek, dem Musikzimmer, dem Kuppelsaal, dem Schlafzimmer bis zum Orientzimmer ein. Die Arbeiten, die an abstrakte Charaktere denken lassen, spiegeln Dekonstruktionen, Deformationen, Verzerrungen, Verdrehungen sowie Auflösung und Verfall wider. In den Formen verbindet der Künstler Realismus und Abstraktion.
Die Besucher erwartet eine Inszenierung aus facettenreichen Gesten eines imaginären Rollenspiels, bei denen die abstrakten skulpturalen Formen figurative, menschliche Züge annehmen. In seiner Arbeit verbindet Erwin Wurm unterschiedliche Genres und überrascht mit der Vernetzung der malerischen Geste, der Bildhauerei, der Konzeptkunst, der Performance und der Erzählung.
Im Garten des Schlössels laden Erwin Wurms massive Skulpturen aus Carrara-Marmor als Diwane quasi zum Sitzen ein. Die eingedrückten oder gequetschten Skulpturen Sitting on Freud’s House (2020) und Sitting on Friedrich Nietzsche (2020) spannen einen weiten Bogen zur Rolle des Künstlers, unsere Welt kritisch zu beleuchten und zu verzerren.
(Foto: © Bildrecht, Wien 2021; Foto: Aslan Kudrnofsky/MAK)