Abgewickelt wird die Notbeschaffung weiterhin vom Roten Kreuz, die Flüge werden von der AUA gestellt. Die Ausrüstung ist für den Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich bestimmt und umfasst neben FFP-Masken, Schutzanzügen zuletzt auch vermehrt „Face Shields“, wie Herzog ausführte. Nach einer turbulenten Startphase würde die Beschaffung mittlerweile routiniert ablaufen, auch mit der Hilfe von Netzwerken österreichischer Unternehmen im asiatischen Raum.
Gerade zu Beginn der Beschaffung sei die Qualität der Schutzausrüstung, allen voran der Masken, die größte Herausforderung gewesen, so Herzog. Nun würde die Ware sowohl in China als auch bei der Ankunft in Wien geprüft, nachdem es in den Anfangstagen Probleme mit untauglichen FFP-Masken gegeben hatte.
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Regierung mit Angeboten überschwemmt
Herzog schilderte auch, wie der Einkauf auf dem viel zitierten Weltmarkt vonstattenging: Keineswegs haben man die Angebote suchen müssen, vielmehr sei man geradezu „überschwemmt“ worden mit Angeboten, oftmals auch von Brokern. „Ideenreiche Menschen“ hätten Angebote herangetragen, umschrieb Herzog die Geschäftemacherei mit den Masken. Tatsächlich war es mit Beginn der Krise zu einem Run auf die asiatischen Produkte gekommen, nachdem es nur zwei Hersteller in Europa gibt, die ihre Ware auch kontingentiert hatten.
Zwischenhändler, die zuvor mit anderen Produkten gehandelt hatten, stiegen in den Maskenmarkt ein, kauften ganze Margen auf und versuchten, diese möglichst gewinnbringend wieder zu verkaufen. In der deutschen Politik war da von „moderner Piraterie“ die Rede, etliche Lieferungen strandeten auch an Grenzen und Zollbehörden. Die vom Bund georderten Lieferungen fanden alle den Weg nach Österreich, sagte Herzog. Und neben der Qualitätsfrage hieß es vor allem, unseriösen und überteuerten Angeboten auszuweichen.
Lehre aus der Krise: Keine Abhängigkeit aus Asien
Im Krisenstab hofft man, dass die Notbeschaffung bald nicht mehr notwendig ist, und spricht schon davon, mittel- und langfristig die Lehren aus der Krise umsetzen zu können. Es brauche eine Beschaffungsstrategie auf EU-Ebene, da sei man auch schon dabei, nicht nur für Schutzausrüstung, sondern auch für Schlüsselmedikamente. Und da sei es notwendig, die Produktion auch wieder nach Europa zu holen. So sei das Sandoz-Werk im Tiroler Kundl der letzte westeuropäische Hersteller von Antibiotikawirkstoffen.
Überhaupt sei der rund 100-köpfige Krisenstab im Ministerium auch in die nächste Phase der Pandemiebekämpfung umgeschwenkt. Es sei „längst nicht vorbei“, warnte Anschober einmal mehr: Das sei „eine große Täuschung“. Man sei mit den Lockerungen der Maßnahmen nun „mittendrin in der allerschwierigsten Phase“.
Rasche Reaktion auf Verdachtsfälle und Neuninfektionen
Kern der zweiten Phase seien eine neue Teststrategie und vor allem das rasche Reagieren auf Verdachtsfälle und Neuinfektionen. Mit dem Konzept für „Containment 2.0“ sollen jeweils binnen 24 Stunden die Testergebnisse von Verdachtsfällen vorliegen und bei positiven Tests die Isolierung sowie per „Contact Tracing“ das Ausfindigmachen von potenziell angesteckten Kontaktpersonen passieren.
Aus medizinischer Sicht, erläuterte Bernhard Benka, Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten, Krisenmanagement und Seuchenbekämpfung im Ministerium und verantwortlich für Strategieplanung im Ministerium, seien widersprüchliche Forschungsergebnisse einzuordnen und damit evidenzbasiertes Wissen für die politischen Entscheidungen zur Verfügung zu stellen. Orientierungspunkte seien dabei die großen Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und auch das Robert-Koch-Institut in Deutschland, sagte Benka.
Datenfreigabe für die Wissenschaft
Als wesentliche Basis für politische Entscheidungen diene auch die Cluster-Analyse der Infektionen durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), sagte Anschober. Dabei werden Infektionsketten ausfindig gemacht, analysiert und zusammenhängende Krankheitsfälle in Cluster geordnet. Die Erkenntnisse aus zwei Clustern hat die AGES bisher öffentlich gemacht, die Schlussfolgerungen aus den anderen analysierten Daten wurden bisher nur der Politik zur Verfügung gestellt.
Thematisiert wurde bei dem Pressegespräch auch die Kritik von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, dass die meisten Daten bisher nicht der Forschung zur Verfügung gestellt worden sind. Anschober kündigte allerdings danach per Aussendung an, dass er die Gesundheit Österreich GmbH mit der Einrichtung einer entsprechenden Datenplattform beauftragt habe, um die Nutzung anonymisierter Daten aus dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS) zu ermöglichen.
Auch im Krisenstab selbst verlagert sich die Arbeit teilweise, hieß es: Die Zehntausenden Anfragen aus der Bevölkerung an das Ministerium und vor allem an die AGES-Hotline wären langsam zurückgegangen. Die notwendige „Turbolegistik“ mit Gesetzen, Verordnungen, Erlässen und Empfehlungen – etwa für die Bundesländer – bleibe aber bestehen.