Zinsen für viele Immokredite könnten steigen

Eine Anhebung des Leitzinssatzes durch die Europäische Zentralbank (EZB) wegen der stark steigenden Inflation hätte Folgen für viele, die sich in letzter Zeit Wohneigentum angeschafft haben. Die Hälfte der Immobilienkredite ist laut Österreichischer Nationalbank (OeNB) variabel verzinst. Zumindest wer mit der Rate am Limit ist, könnte Probleme bekommen.

Bei variabel vereinbarten Zinsen steigen oder sinken diese, je nachdem, wie sich die Geldpolitik der EZB ändert. Meist sind die Zinsen an den Drei-Monats-EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate, Interbankenzinssatz) geknüpft – steigt dieser, steigt etwas später auch die Kreditrate. In den vergangenen Monaten wurde rund ein Drittel des Neugeschäftsvolumens variabel abgeschlossen, geht aus Statistiken der OeNB hervor.

Sollte die EZB im Kampf gegen die hohe Inflation weiter an der Zinsschraube drehen, könnte es für jene knapp werden, die bei der Kredithöhe an oder über das Limit gegangen sind und sich gleichzeitig für variable Zinsen entschieden haben, schätzen Experten und Expertinnen. Gerade am Anfang eines Kredits hat der Zinssatz großen Einfluss auf die monatliche Belastung, weil noch viel Geld aushaftet und erst wenig zurückgezahlt ist.

Knapp über 130 Mrd. Euro offen

Per Ende März 2022 waren laut OeNB 131 Milliarden Euro an Wohnbaukrediten offen, bei sechs Prozent davon erstreckt sich der Fixzinssatz über die gesamte Periode, bei 44 Prozent handelt es sich um einen gemischten Zinssatz, bei dem etwa auf eine Fixzinsphase eine variable Zinsphase folgt, und bei 50 Prozent des Volumens ist der Zinssatz variabel.

In den vergangenen vier Jahren war der Anteil der variablen Zinssätze kleiner geworden, jener mit gemischtem Zinssatz gestiegen. Ende 2018 waren 68 Prozent variabel verzinst und nur 27 Prozent des Kreditvolumens von damals 110 Milliarden Euro unterlagen einem gemischten Zinssatz.

EURIBOR im Minusbereich

Beim Neugeschäftsvolumen erreichten 2014 Wohnbaukredite mit variabler Verzinsung oder einer Zinsbindung von weniger als einem Jahr ihren Höhepunkt mit einem Anteil von 84 Prozent, seither waren sie rückläufig, bei 43 Prozent 2021, 38 Prozent 2020 und 2021 sowie bei 32 Prozent im ersten Quartal 2022.

Der Drei-Monats-EURIBOR hatte im Mai 2015 infolge der EZB-Geldpolitik und den extrem niedrigen Leitzinsniveaus ins Minus gedreht, er lag seither lange Zeit bei minus 0,3 Prozent, 2021 sogar bei minus 0,5 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 und 2008 war der Drei-Monats-EURIBOR bei über fünf Prozent gelegen. Dass er nun seine Richtung ändert, begann sich Anfang des Jahres 2022 bei fast minus 0,6 Prozent abzuzeichnen und ist spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine deutlich zu sehen, allerdings liegt der Referenzzinssatz mit minus 0,4 Prozent noch immer im negativen Bereich.

Aufschlag ist Verhandlungssache

Für Kreditnehmer mit variablen Zinsen bedeutet diese Entwicklung, dass ihr Zinssatz seither ebenfalls in diesem Ausmaß stieg. Ihr Zinssatz setzt sich aus dem Referenzzinssatz, meist dem Drei-Monats-EURIBOR, und einem Zinsaufschlag, der sogenannten Marge, zusammen. Diese Marge ist Verhandlungssache bei Vertragsabschluss. Bei einer Auswertung der Arbeiterkammer (AK) 2019 lagen die Aufschläge bei sehr guter Bonität zwischen 0,875 und 1,25 Prozentpunkten, bei ausreichender Bonität zwischen 0,875 und 1,75.

(ORF/Agenturen)

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