Das Einkaufen beschränkt sich künftig nicht mehr auf den Gang in den Supermarkt, die Drogerie oder die Apotheke, denn ab morgen, Dienstag, dürfen unter Einhaltung von Schutzvorkehrungen schrittweise auch andere Geschäfte wieder aufsperren. Die kleineren Läden mit einer Verkaufsfläche bis zu 400 Quadratmetern sowie Bau- und Gartenmärkte (unabhängig von der Größe) bekommen zwei Wochen Vorsprung, alle anderen dürfen voraussichtlich ab 2. Mai wieder öffnen.
Annalena Schlager betreibt in Anif bei Salzburg eine Modeboutique. Ihr Shop ist knapp 45 Quadratmeter groß. Sie dürfte laut den nun erlassenen Vorschriften bis zu zwei Personen gleichzeitig Eintritt gewähren, denn die Vorgabe lautet: 20 m2 pro Kunde. „Ich bin noch hin- und hergerissen, ob ich aufsperre. Aber es haben mir schon Stammkundinnen geschrieben, dass sie sich schon darauf freuen. Vielleicht bitte ich um Terminvereinbarung oder sperre nur stundenweise auf“, sagt sie im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“. Auf jeden Fall werde sie Gesichtsmaske und Handschuhe tragen und die Türklinken regelmäßig desinfizieren.
Nicole Sofikis, die in ihrem kleinen Geschäft „Goodshoes“ am Wiener Alsergrund nachhaltige und fair produzierte Schuhe verkauft, öffnet am 16. April wieder, erwartet sich aber keinen großen Kundenansturm. 1200 Paar Schuhe hat sie im Angebot. Die klassischen Übergangsschuhe aus der Frühjahrskollektion wird sie wohl nicht mehr verkaufen, sagt sie. Trotz der katastrophalen Geschäftsentwicklung ist Sofikis „relativ entspannt. Sie hat einen Kredit mit Staatsgarantie bei ihrer Hausbank beantragt und hofft später noch auf einen Fixkostenzuschuss.
Franz Koll, Geschäftsführer des Gartencenterbetreibers Bellaflora freut sich schon darauf, die Pforten der 27 Filialen wieder öffnen zu können: „Nichts ist schlimmer als leere Verkaufsflächen.“ Der Großteil der Belegschaft ist seit Mitte März in Kurzarbeit, teilweise kommen nun Mitarbeiter wieder verstärkt zum Einsatz, wenn der Verkauf startet.
Masken, Handschuhe, Desinfektionsmittel
Bodenaufkleber, Masken, Handschuhe, Plexiglaswände, Desinfektionsmittel: Für den Schutz von Personal und Kundschaft wird gesorgt. Vom Bellaflora-Sortiment ist jedoch nicht mehr alles da. Pflanzen im Wert von mehreren Millionen Euro seien in der Zwischenzeit verdorben, sagt Koll. Doch: „Wir sind mitten in der Saison, es gibt viel neue Ware.“ In der Krise habe sich auch der Onlineshop bewährt, dieser habe „tolle Zahlen“ geschrieben.
Auch bei der Buchhandelskette Thalia ist ein Großteil der Beschäftigten auf Kurzarbeit – mit Ausnahme der IT-Mitarbeiter. Online habe sich der Andrang bei Büchern und Spielwaren vervielfacht, heißt es. Durch die Wiedereröffnung werde sich die Kurzarbeit natürlich verringern. Am 14. April wird Thalia vorerst fünf seiner 38 Standorte wieder öffnen, nämlich Braunau, Grieskirchen, Bad Ischl, Uni Linz und Uni-Campus Wien – alle mit maximal 400 m2Verkaufsfläche. Auch rund 100 kleinere Libro-Filialen in ganz Österreich werden nach Ostern wiedereröffnet.
Die großen Händler und Einkaufszentren dürfen erst am 2. Mai aufsperren. Die künstliche Verkleinerung der Verkaufsflächen, um auf unter 400m2 zu kommen, ist nicht erlaubt, frühzeitig zu öffnen kann mit bis zu 30.000 Euro bestraft werden, geht aus der nun erlassenen Verordnung hervor.
Es gilt der gewohnte Mindestabstand von einem Meter. Geschäfte bis 400 m2 müssen sicherstellen, dass sich pro 20 m2 nur ein Kunde darin aufhält. Die Händler versprechen, ein wachsames Auge darauf zu haben. Wer sich nicht daran hält, muss bis zu 3600 Euro bezahlen.
Der Handelsverband begrüßt die rechtlichen Klarstellungen, sieht aber noch einige offene Punkte. Die Interessenvertretung fragt sich etwa, ob Händler, die trotz Öffnungserlaubnis ihre Geschäfte aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen halten, auch weiterhin Covid-19 Förderungen beziehen können.
Nach Ostern deutlich mehr Geschäfte offen
Der tägliche Umsatzverlust im stationären Einzelhandel wird sich von derzeit rund 110 Millionen Euro täglich auf voraussichtlich rund 80 Millionen (brutto) reduzieren, haben das Beratungsunternehmen Standort+Markt und die Johannes Kepler Universität in Linz erhoben. Anstelle von 59 Prozent beziehungsweise rund 22.400 geschlossenen Geschäften seien es nach Ostern nur mehr 22 Prozent oder rund 8100 Geschäfte, die bis zur nächsten angekündigten Reboot-Phase im Mai geschlossen bleiben
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