Pfandleihe: Kunden wollen hohe Darlehen

Seit Pandemiebeginn – nun nochmals verstärkt durch die Teuerung – ist in den Pfandleihanstalten viel los. Immer mehr versuchen, finanzielle Engpässe kurzfristig mit dem Verpfänden ihrer Wertgegenstände zu überbrücken – und zwar zunehmend mit sehr wertvollen, um möglichst hohe Darlehen zu erhalten.

In Pfandleihanstalten bekommen Kundinnen und Kunden für einen Wertgegenstand Geld ausbezahlt. Je nach Vereinbarung dürfen sie den Gegenstand weiterhin benutzen, oder müssen ihn zurücklassen. Um ihn wieder auszulösen, müssen sie die erhaltene Summe samt Zinsen innerhalb eines bestimmten Zeitraums zurückzahlen.

Teure Sportwägen statt Alltagsautos

Die Wiener Pfandleihanstalt Erika Martetschläger ist auf Autos und Lebensversicherungen spezialisiert. Seit einigen Monaten belehnt Geschäftsführerin Karin Meier-Martetschläger zunehmend wertvolle Gegenstände – nicht mehr nur vorwiegend Alltagsautos, sondern auch teure Sportwägen. „Früher brauchte jemand mit so einem Auto kein Darlehen“, sagt Meier-Martetschläger. Auch sehr alte Lebensversicherungen mit sechsstelligem Rückkaufswert würden als Pfand gebracht.

Meier-Martetschläger rechnet das Darlehen mit ihrer Kundschaft immer genau durch, damit die Rückzahlung realistisch ist und nicht zu noch mehr Schulden führt. In der Regel bekommt die Kundin oder der Kunde bei Autos 30 bis 50 Prozent des Eurotax-Händlereinkaufpreises. Wenn das Auto nicht weiter benutzt wird und bei der Pfandleihanstalt in der Garage steht, sind sogar 65 Prozent möglich. Bei Lebensversicherungen kann die Kundschaft bis zu 80 Prozent des Rückkaufwerts erhalten.

Mindestens 90 Prozent werden wieder ausgelöst

„Auch wenn das vielleicht gegen mein Geschäft sprechen mag, ist es mir lieber, dass die Kunden weniger Darlehen aufnehmen und es dafür dann auch ohne Probleme zurückzahlen können“, sagt Meier-Martetschläger, die auch Berufsgruppensprecherin in der Wiener Wirtschaftskammer ist. Rund 99 Prozent der Gegenstände werden wieder ausgelöst, 90 Prozent sind es bei Dorotheum Pfand. Dort gibt es seit einigen Monaten angesichts der Teuerung viele Neukunden.

Am Image von Pfandleihanstalten möchte Meier-Martetschläger etwas ändern: „Es stimmt nicht, dass Leute, die in Pfandleihanstalten kommen, nirgendwo anders Geld bekommen“, sagt sie. „Wir bedienen einfach andere Geschäftsfelder als Banken.“ Der Unterschied besteht darin, dass Pfandleiher nur Bewegliches belehnen, während eine Bank kein Auto oder Schmuck belehnen darf.
„Überbrückung für kaputte Heizung“

Zudem haftet beim Bankkredit die Person, beim Pfanddarlehen haftet das Pfand. Wenn das Objekt also an Wert verliert oder sich ein Pfandleiher im Wert verschätzt, ist es sozusagen sein Problem. Dafür müssen Pfandleiher nicht wie Banken vor Gericht gehen, sollte der Vertragspartner seine Fristen nicht einhalten, sondern sie dürfen das Pfand nach Ende der Verfallsfrist verwerten.
Sowohl beim Dorotheum als auch bei der Pfandleihanstalt Erika Martetschläger wird betont, dass Pfand nur eine kurzfristige Überbrückung finanzieller Engpässe sein kann. Michael Holubowsky, Bereichsleiter von Dorotheum Pfand, nennt als Beispiel eine kritische Zeit bis zum Erhalt der Klimabonusgutscheine. Meier-Martetschläger spricht von Überbrückung, falls etwa die Heizung kaputtgeht.

Banken auf Dauer billiger

Bei langfristigen Hilfen komme man bei Banken billiger davon. Am besten sei aber natürlich das Vorsorgen, Budgetieren und Sparen, sagt Meier-Martetschläger, die die Pfandleihanstalt von ihrer Mutter übernommen hat. Sie plädiert für bessere Finanzbildung für Kinder, um Geldnöten so früh es geht vorzubeugen.

(ORF.at/Foto: Pixabay)

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