Jede einzelne Stimme der Unterstützung des Völkerrechts für die Ukraine sei wichtig, so Selenskyj. Es sei wichtig, „moralisch nicht neutral gegenüber dem Bösen zu sein“, sagte Selenskyj weiter. Seinem Land gehe es nicht um Geopolitik oder um militärisch-politische Angelegenheiten. Ein Mensch müsse immer ein Mensch bleiben, das sei wichtig.
Der ukrainische Präsident sagte, dass es nun der 400. Tag im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sei. Es sei ein „totaler Krieg gegen Menschen“, an dem jeden Tag Menschen ihre Leben verlieren würden. Nicht nur in Kampfhandlungen würden Menschen getötet, sondern auch danach. 174.000 Quadratkilometer, etwa die doppelte Fläche Österreichs, seien durch Minen und nicht explodierte Geschoße kontaminiert. Hunderttausende Minen, Granaten und Sprengfallen seien von den Russen in Gebäuden und Gärten hinterlassen worden.
„Wenn wir uns an Sie wenden, um um Unterstützung zu bitten, bitten wir darum, Menschenleben zu schützen.“ Die Ukraine wolle in Sicherheit, Ruhe und Freiheit leben. Er lud die Abgeordneten ein, in die Ukraine zu reisen und sich selbst ein Bild zu machen.
Er bedankte sich für die humanitäre Hilfe aus Österreich und insbesondere für „Nachbar in Not“. „Danke für die Unterstützung bei der Räumung von Minen und die ärztliche Behandlung in Österreich“, so Selenskyj weiter. Die Menschlichkeit, die Zivilisiertheit gehörten bewahrt. Selenskyj bedankte sich mehrfach. „Danke, Österreich“, sagte der ukrainische Präsident. Er sei sich gewiss, dass die Ukraine siegen werde. Für seine Rede erhielt Selenskyj langen Applaus.
In Österreich fanden nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 rund 90.000 Ukrainer und Ukrainerinnen Zuflucht. Knapp 54.000 befanden sich laut Innenministerium Anfang März in der Grundversorgung.
Als einzige Fraktion gegen die Rede des ukrainischen Präsidenten waren die Freiheitlichen. Wie angekündigt protestierte die FPÖ denn auch gegen den Videoauftritt Selenskyjs im Parlament. Nach der Begrüßung durch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) klatschten die FPÖ-Abgeordneten als einzige nicht. Stattdessen holten die Blauen zu Beginn vor Selenskyjs Ansprache Tafeln mit der Aufschrift „Platz für Frieden“ und „Platz für Neutralität“ hervor, die sie vor sich auf den Pulten platzierten.
Dann verließen sie geschlossen den Saal. Klubobmann Herbert Kickl hatte im Vorfeld den anderen Fraktionen vorgeworfen, sie seien „zu einer gefährlichen und undifferenzierten Endsiegrhetorik übergegangen“. Damit griff er zu einem einschlägig belasteten Propagandabegriff.
„Es ist vollkommen klar, dass das Parlament keinem Vertreter einer kriegsführenden Partei eine Bühne sein darf“, begründete Kickl das Fernbleiben bei einer „Pressekonferenz der Neutralitätsversteher“ im Anschluss an die Rede. Der Protest der FPÖ würde in jedem Fall von „Neutralitätsverletzung“ so aussehen, auch wenn etwa der russische Präsident im Parlament sprechen würde.
Die Solidarität der FPÖ gelte der österreichischen Bevölkerung. „Wir sind weder auf der russischen noch auf der ukrainischen Seite.“ Klar sei aber, bei der „Fake-Nationalratssitzung“ habe ein Mann gesprochen, dem die UNO Kriegsverbrechen vorwerfe, so Kickl am Donnerstag.
(orf.at/Foto: YouTube/Screenshot))