Ob E-Bike, Kinder- oder Lastenrad: Die Österreicherinnen und Österreicher halten große Stücke auf das Zweirad. Die Pandemie hat freilich den Trend verstärkt, neue Bikes wurden angeschafft oder alte wieder instand gesetzt. Der daraus entstandene Boom ließ den Umsatz nun auf 1,027 Mrd. Euro anwachsen, wie der Verband der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ) am Freitag berichtete – ein Plus von knapp 17 Prozent. Voriges Jahr wurden demnach im Sportartikel- und Fahrradfachhandel etwas mehr als 490.000 Fahrräder verkauft.
Interessant daran ist, dass die Anzahl der verkauften Räder gar nicht angestiegen ist, im Gegenteil: Es wurden um 1,2 Prozent weniger Fahrräder verkauft als im Jahr davor – eine „Seitwärtsbewegung“, wie es der VSSÖ nennt. Denn die Lager sind leer. Dass der Umsatz trotzdem in die Höhe schoss, liegt an den gestiegenen Preisen.
Der durchschnittliche Preis pro Rad lag 2021 bei 2.095 Euro und damit um 18,4 Prozent über dem Vorjahreswert. Ein Trend, der anhält: Schon 2021 waren die Preise im Fahrradbereich im Schnitt um fünf Prozent gestiegen.
Für die Branche wichtige Rohstoffe wie Stahl und Aluminium hätten sich in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als 40 Prozent verteuert, so die ARGE-Fahrrad, die unter dem Dach des VSSÖ die Interessen der heimischen Fahrradindustrie vertritt. Die Gründe dafür liegen in der starken Nachfrage und auch dem Ukraine-Krieg mit einhergehenden Energiekosten. Hinzu kommen die nachhallenden Folgen der Pandemie: Noch immer halten die Lieferkettenprobleme an. Im Vorjahr waren auch die Containerkosten um das Dreifache gestiegen.
Ein Großteil der Teile für Räder kommt aus Asien. Dort standen Fabriken pandemiebedingt teils für Monate still oder produzierten nicht auf voller Kapazität. Shimano, japanischer Hersteller von Fahrradkomponenten, war bereits voriges Jahr auf bis 2023 ausverkauft.
So musste mancher Händler schon die Räder für die nächsten Jahre vorbestellen, ein bisher einmaliger Vorgang. Käuferinnen und Käufer werden gleichzeitig vertröstet und auf lange Wartelisten gesetzt. Die Kombination aus allen Faktoren macht das Fahrradkaufen nun zum teuren Spaß.
E-Bike kostet im Schnitt 3.410 Euro
Vor allem bei den E-Bikes merken das die Konsumentinnen und Konsumenten. Sie gehören inzwischen zu den beliebtesten Rädern, rund 45 Prozent der Verkaufszahlen sind auf die elektrischen Zweiräder zurückzuführen – 2016 war es noch ein Fünftel. Der Durchschnittspreis liegt inzwischen bei 3.410 Euro. Es gibt aber auch Förderungen des Klima- und Energiefonds: Transporträder und E-Transporträder werden heuer mit 800 Euro unterstützt, E-Bikes ab einem Kauf von fünf Stück mit 250 Euro. Auch Arbeitgeber werden gefördert, wenn sie Beschäftigten ein Rad zur Verfügung stellen.
Nachfrage steigt weiter
Neben elektrisch betriebenen Lastenrädern sind auch Sportbikes wie die robusteren Cyclocross-Räder und Gravel-Bikes sowie klassische Rennräder beliebt. Der Handel freut sich zudem derzeit verstärkt aufs Ostergeschäft, denn das ist die Zeit für Kinder- und Jugendfahrräder. Rund zwei Drittel davon wechseln vor Ostern die Besitzer. Ostern sei für die Branche das Weihnachten des Kinderfahrrads, so die ARGE Fahrrad.
Und die Nachfrage steige weiter, so Michael Nendwich, Sprecher des Sportartikelhandels in der Wirtschaftskammer. „Die Zahlen belegen, dass das Fahrrad als Wirtschaftskraft nicht mehr zu übersehen ist. Während wir von einem starken Umsatzwachstum sprechen, ist das nicht mit einem Verkaufsboom gleichzusetzen – denn die Branche könnte mehr verkaufen, wenn mehr Fahrräder da wären. Diese Situation wird auch 2022 noch angespannt bleiben“, so Nendwich.
(ORF/Agenturen)