Neue Regeln, anhaltende Kritik

Seit Dienstag ist fix, dass ab 1. August neue Regeln für CoV-Infizierte gelten – der Gang in die Quarantäne ist dann nicht mehr vorgeschrieben. Vielmehr können positiv Getestete dann mit einigen Einschränkungen das Haus verlassen, wenn sie sich nicht krank fühlen. Während Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) die Entscheidung verteidigt, kommt aus den roten Ländern weiter laute Kritik. Die Ärztekammer verlangt Begleitmaßnahmen, und auch bei GECKO scheint die Skepsis zu überwiegen.

Ab August sollen positiv Getestete lediglich noch Verkehrsbeschränkungen unterworfen sein. So muss etwa eine FFP2-Maske getragen werden, wenn man sich anderen Menschen auf weniger als zwei Meter nähert. Zudem gibt es Betretungsverbote. Das betrifft Krankenanstalten ebenso wie Pflege-, Behinderten- und Kuranstalten, Kinderbetreuungseinrichtungen, Volksschulen und Horte. Wer dort arbeitet, darf die Einrichtungen auch mit einem positiven Test betreten.

Ohnehin ist Arbeiten mit positivem Test künftig wieder möglich, wenn eine Maske angelegt ist. Keine Beschränkungen gibt es, wenn am Arbeitsplatz nur aktuell infizierte Personen zusammentreffen. In vulnerablen Settings wie Krankenhäusern ist eine Maske zu tragen. Zu beachten ist, dass die Verkehrsbeschränkungen nicht erst nach einem positiven PCR-Test laufen, sondern bereits nach einem Antigen-Test gelten.

Comeback für telefonische Krankschreibung, Risikogruppen

Die Lockerung wird an mehrere Begleitmaßnahmen gekoppelt. So wird einerseits die telefonische Krankmeldung wieder aktiviert, andererseits tritt die Risikogruppenverordnung wieder bundesweit in Kraft. Durch letztere sollen besonders Gefährdete unter anderem am Arbeitsplatz geschützt werden. Betroffen sind Personen, die trotz Impfung schwere Verläufe zu befürchten haben oder nicht geimpft werden können.

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher führte aus, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf Basis eines Covid-Risikoattests betroffenen Beschäftigten Schutzmaßnahmen wie Einzelbüros oder Homeoffice zur Verfügung stellen müssen. Können solche nicht gewährt werden, gibt es einen Rechtsanspruch auf Dienstfreistellung.

Verwiesen wurde bezüglich des Quarantäne-Aus darauf, dass Bevölkerung und Unternehmen verantwortungsbewusst handeln müssten: „Wer krank ist, soll nicht arbeiten gehen.“ Man werde jedenfalls nicht „flächendeckend Polizisten aufstellen“, um den Gesundheitszustand von Menschen zu kontrollieren.

„Neue Phase der Pandemiebekämpfung“

Rauch verwies erneut auf die Devise: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ und die vielfältigen psychosozialen Auswirkungen der Krise. Die Situation sei eine andere als 2020, wo man einem unbekannten Virus mit einem „leeren Werkzeugkoffer“ gegenübergestanden sei. Mittlerweile kursiere nicht nur eine Variante mit milderen Vorläufen, man verfüge auch über Gegenmaßnahmen wie die Impfung und Medikamente. Entsprechend gehe man „gut vorbereitet in eine neue Phase der Pandemiebekämpfung“.

Im Interview in der ZIB2 verteidigte Rauch die Entscheidung für das Quarantäne-Aus. Das auch gegen Kritik seiner Frau, der Vorarlberger SPÖ-Vorsitzenden Gabriele Sprickler-Falschlunger („Ich liebe meine Frau, sie hat eine andere Meinung, das ist auch gut so“). Auf Details der praktischen Umsetzung der Verordnung etwa in Großraumbüros wollte er sich nicht einlassen. Auch zur Frage der Betreuung symptomfreier positiv getesteter Kindergartenkinder fühlte er sich nicht zuständig.

Reich: Coronavirus „langfristige Sache“

Zur Lage in den Krankenhäusern äußerte sich Chief Medical Officer Katharina Reich. Das neue Covid-19-Register zeige, dass „mit Omikron die Lage verändert ist“. Die Covid-Betten seien derzeit etwa zur Hälfte tatsächlich wegen Covid-Fällen belegt, bei der anderen Hälfte seien die Betroffenen wegen einer anderen Hauptdiagnose im Spital und im Zuge dessen auf Covid-19 getestet worden.
Angesichts der Lage seien die Lockerungen aktuell „der richtige Weg“. Das Coronavirus sei eine „langfristige Sache“, die nicht nach dem Winter vorbei sein werde. Man müsse damit leben. „Die Verkehrsbeschränkung ist der erste Schritt weg vom Krisenmodus zum Akzeptanzmodus“, so Reich. Man könne die Pandemie nicht für beendet erklären, sich aber langfristig rüsten.

Hoffen auf mehr Testbereitschaft

Reich betonte, dass Covid-19 deswegen auch weiterhin eine meldepflichtige Krankheit bleiben soll, damit der Überblick aufrecht bliebe. Entsprechend wurde auch auf den Variantenplan für den Herbst verwiesen, der verschiedene Szenarien und entsprechende Maßnahmen berücksichtigt.

Die verfügbaren Medikamente seien zudem ein „deutliches Sicherheitsnetz“, hier soll der Zugang niederschwelliger werden. Zudem werde die Maske nun „wichtiger denn je“. Reich äußerte auch die Hoffnung, dass sich durch die neuen Maßnahmen die Testbereitschaft wieder erhöhen lasse: „Viele Leute sind ja nicht mehr testen gegangen, weil sie sich nicht absondern lassen wollen.“

„Wir erklären weder die Pandemie für beendet, sondern ich denke, es ist der erste Schritt dahin, sich tatsächlich auf ein längerfristiges Szenario vorzubereiten“, hält Reich zudem im Ö1-Morgenjournal fest. Angesprochen darauf, ob es praktikabel sei, dass Infizierte in Lokalen Maske tragen und zugleich nichts konsumieren dürfen, meinte sie: „Das ist ja vollkommen logisch, dass das nicht praktikabel ist und de facto ja auch nicht vorgesehen ist.“ Es werde sich niemand infiziert „in die Gastronomie setzen, dort die Maske oben lassen und nichts bestellen“. In der Wiener Gastroszene sorgt das für Verwunderung.

(ORF.at/Agenturen)

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