Mit 10.633 neuen Fällen innerhalb eines Tages sei ein neuer Höchststand erreicht worden, teilten die Behörden am Sonntag in Moskau mit. Damit gibt es nun landesweit mehr als 134.600 nachgewiesene Infektionen. Bisher starben 1.280 Menschen mit dem Virus. 16.600 erholten sich wieder.
Erst am Samstag wurde mit mehr als 9.600 bestätigten Fällen ein Rekord an Neuinfektionen vermeldet, tags zuvor lag der Höchstwert bei fast 8.000. Überdies wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Zuletzt wurden aber auch die CoV-Tests deutlich ausgeweitet. Einigen Experten zufolge wurden deshalb deutlich mehr Fälle nachgewiesen.
Besonders strenge Maßnahmen in Moskau
Die Hauptstadt Moskau gilt dabei als Brennpunkt der Krise. Behörden meldeten zuletzt mehr als 5.900 neue Fälle. Insgesamt steckten sich damit in der Hauptstadt nach offizieller Zählung mehr als 68.600 Menschen seit Beginn des Ausbruchs an. Bürgermeister Sergej Sobjanin warnte, seine Stadt habe den Höhepunkt noch nicht erreicht. Womöglich könnten sogar mehr als 250.000 Menschen infiziert sein, so Sobjanin.
Im Staatsfernsehen sagte er, die seit etwa einem Monat geltende, besonders strenge Ausgangssperre könne erst dann gelockert werden, wenn die Zahl der Infizierten sinke. Der Großteil der Betriebe ist geschlossen. Wer zur Arbeit oder zum Arzt muss, braucht einen Passagierschein. Spaziergänge und Sport im Freien sind verboten, erlaubt sind nur Einkäufe, Gassigehen und der Gang zum Müllcontainer.
Die Moskauer Krankenhäuser waren zudem zuletzt unter starke Belastung geraten, vergangene Woche wurde ein improvisiertes Notspital eröffnet. Die russische Hauptstadt, wo die erste Infektion Anfang März festgestellt worden war, führte zudem als erste Region eine Pflicht für Mund-und-Nasen-Schutz ein. In Sankt Petersburg, der zweitgrößten Stadt des Landes, stellten Krankenhäuser bereits Kühlcontainer für Leichen auf. Eine Vorsichtsmaßnahme, hieß es.
Höhepunkt Mitte Mai erwartet
Trotz der stetigen Zunahme der Infektionszahlen stellte der Kreml, der die arbeitsfreie Zeit bei voller Lohnzahlung bis 11. Mai verlängerte, eine mögliche schrittweise Lockerung der Ausgangsbeschränkungen ab dem 12. Mai in Aussicht. Das werde aber je nach Region unterschiedlich gehandhabt. Gesundheitsminister Michail Muraschko meinte etwa, die Quarantäne könne nicht unmittelbar nach dem Höhepunkt der Pandemie komplett aufgehoben werden. Präsident Wladimir Putin bezeichnete die Situation zuletzt als „sehr schwierig“.
Das russische Verteidigungsministerium nannte das hoch ansteckende Virus unterdessen eine „große Bedrohung“. „Diese Infektion kennt keine Grenzen“, sagte Vizeverteidigungsminister Alexander Fomin in einem Fernsehinterview. In der russischen Armee gibt es dem Ministerium zufolge mittlerweile fast 3.000 Infektionsfälle.
Entspannung ist noch nicht in Sicht: Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte jüngst, dass in Russland wahrscheinlich Mitte Mai ein Plateau bei den Infektionszahlen erreicht werde. „Im Sommer wird es wahrscheinlich schon etwas leichter“, sagte er der Zeitung „Argumenty i Fakty“. Dazu kommt, dass die Lage im Gesundheitswesen als extrem gespannt gilt. Russlandweit gab es Berichte über mangelnden Schutz für Ärzte und medizinisches Personal sowie über massenhafte Infektionen und zahlreiche Todesfälle in Kliniken.
Premier Mischustin nach Infektion stabil
Der Gesundheitszustand des mit dem Virus infizierten Regierungschefs Michail Mischustin verschlechterte sich unterdessen nicht. Er werde in einem Krankenhaus behandelt und stehe unter der Aufsicht von Spezialisten, sagte ein Regierungssprecher der Agentur Interfax zufolge am Sonntag. Sein Wohlbefinden sei normal. Der Ministerpräsident stehe mit seinen Kollegen telefonisch in Kontakt. Seine Erkrankung war am Donnerstag bekanntgeworden.
Dass die Bürger quasi in Echtzeit über einen Krankheitsfall in der Staatsführung informiert werden, hat Seltenheitswert in Russland. Mischustin war bisher Russlands wichtigster Manager im Kampf gegen die Coronavirus-Krise. Auch Bauminister Wladimir Jakuschew sei erkrankt, meldete die Nachrichtenagentur TASS zudem. Laut seinem Ministerium wird er im Krankenhaus behandelt.
Erste Fälle wurden in Sibirien isoliert
Russland hatte bereits am 30. Jänner die 4.250 Kilometer lange Grenze zu China geschlossen und Einreisesperren für chinesische Staatsbürger verhängt, wenig später wurden auch der Luftverkehr und Zugsverkehr weitgehend eingestellt. Die ersten bekannten Fälle wurden in Sibirien isoliert. Das größte Land der Welt liegt laut der Statistik der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität mittlerweile weltweit auf Platz sieben der Infektionsfälle.
red, ORF.at/Agenturen