Ikea am Westbanhof in Wien

Keine Autos, dafür Bäume – Ikea stampft in Wien ein neuartiges Möbelhaus aus dem Boden, das kommendes Jahr eröffnen soll.

Es geht den ganzen Tag der Wind, und wegen der Baustellen findet man nichts. Das attestierte eine steirische Band einst der Bundeshauptstadt Wien. Irgendwie passend, denn natürlich ging heftig der Wind, als Ikea am Mittwoch zur Baustellenbesichtigung beim Wiener Westbahnhof lud. Der schwedische Möbelkonzern wagt sich auf mehr oder minder unbekanntes Terrain, nämlich innerstädtisches. Im 15. Wiener Gemeindebezirk entsteht ein Gebäudekomplex, der sich von den klassischen blau-gelben Boxen am Stadtrand deutlich abheben soll.

Das „Blaue Haus“, das zuvor an dieser Stelle stand, wurde 2019 abgerissen, im Jänner liefen die Bauarbeiten für das Nachfolgehaus an. Aktuell ist die Baustelle davon geprägt, was eine Baustelle eben so prägt. Zwischen Schutt- beziehungsweise Erdhaufen bewegen sich Lkws, Bagger, Kipplader und ein Kran. Die Bodenplatte wurde kürzlich fertigbetoniert, demnächst verlagern sich die Bauarbeiten in den Untergrund. Keine ganz triviale Angelegenheit, denn rund 18 Meter unter der Baustelle verläuft die U-Bahn-Linie U3, wie Projektleiterin Sandra Sindler-Larsson erklärt. Aus statischen Gründen habe man deswegen zuerst die Bodenplatte fertigstellen müssen.

Eröffnung im Spätsommer 2021

Direkt von der U3 wird es einen Zugang zum neuen Ikea geben, ebenso wie vom Europaplatz und der Bahnhofcity aus. Einige Löcher im Boden lassen bereits darauf schließen, wo die Rolltreppen, Aufzüge und Zugänge verlaufen. Insgesamt wird sich das fertiggestellte Bauwerk auf 3.500 Quadratmetern Fläche erstrecken. Der Innenausbau soll im Juli kommenden Jahres beginnen, als Eröffnungstermin ist der Spätsommer oder Frühherbst 2021 angepeilt. „Wir ziehen einen Skelettbau nach oben. Im Prinzip kann man auch sagen, das Gebäude ist aufgebaut wie ein Regal“, erklärt Architekt Jakob Dungl vom Büro Querkraft, das den City-Ikea entworfen hat.

Wie bereits im Vorjahr verlautbart, setzt Ikea auf ein recht grünes Konzept. Insgesamt werden sich 160 Bäume am Gebäude beziehungsweise auf der Dachterrasse befinden. Diese Terrasse orientiert sich am Museumsquartier-Modell. „Die Dachterrasse ist außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten sowie ohne Konsumzwang zugänglich“, sagt Sindler-Larsson. Ein weiteres Novum wird das Hostel in den oberen beiden Etagen des siebenstöckigen Gebäudes. Jo & Joe – ein Teil des Accor-Konzerns – setzt somit den ersten Schritt nach Österreich. 345 Betten werden Gästen zur Verfügung stehen. Ikea sei lediglich der Vermieter, das Hostel agiere eigenständig, sagt Sindler-Larsson.

Ikea schlägt somit eine neue Marschrichtung ein. Was man sich beim Unternehmen davon erhofft: einerseits etwas Boden gegenüber Marktführer XXXLutz gutzumachen, andererseits als Vorbild zu agieren. „Wir hoffen, dass viele andere Filialen auf der ganzen Welt unserem Modell folgen“, so Sindler-Larsson. Die Investitionskosten belaufen sich 135 Millionen Euro inklusive Grundstückskauf.

Keine Autos

„Menschen und deren Zeitbudget, aber auch die Mobilität hat sich verändert. Wir versuchen mit diesem Projekt auf diese Entwicklung zu reagieren“, erläuterte Maimuna Mosser, Business-Development-Managerin von Ikea Österreich. Parkplätze werde es nicht geben. Kunden können am Standort zwar im gesamten Ikea-Sortiment stöbern, lagernd gibt es aber nur Dinge, „die man mit den Händen davontragen kann“, bekräftigte Mosser. Das restliche Angebot wird binnen 24 Stunden geliefert oder kann bei Abholstationen selbst mitgenommen werden.

Wer sich also ab Spätsommer kommenden Jahres vor Wind oder Baustellen schützen will, hat dann eine Anlaufstelle. Eine Anlaufstelle, in der man Kaffee trinken, einen Rollmeter kaufen oder zur Not auch schlafen kann.

(derstandard.at)

Mehr dazu

Popularno