Asyl-Chaos in Österreich: Erstaufnahmezentren sind voll

Die Erstaufnahmezentren in Österreich sind an die Belastungsgrenze angelangt. Hilforganisationen kritisieren die mangelnde Kooperation zwischen Bund und Ländern bei der Verteilung von Flüchtlingen.

Die Erstaufnahmezentren sind voll. Das Innenministerium erklärt, man sei – auch wegen der vielen Ukrainer, die vor dem russischen Angriff geflohen sind – an der Belastungsgrenze angelangt. Der Versorgungsengpass sei nur auf mangelnde Kooperation zwischen Bund und Ländern zurückzuführen, erklären hingegen die Hilfsorganisationen Amnesty, asylkoordination, Caritas, Diakonie, Integrationshaus, Samariterbund, SOS-Mitmensch und Volkshilfe. Die Länder müssten ihre Aufgabe erfüllen.

Mangelnde Kooperation zwischen Bund und Ländern bei Flüchtlingen

„Das ist ein weitreichendes strukturelles Versagen des Staates im Umgang mit Asylwerber:innen“, betonte die Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, Annemarie Schlack, am Freitag in einer Aussendung. Voll seien die Bundesbetreuungseinrichtungen, weil die Länder zu wenige Menschen aufnehmen. Dabei sei die Aufgabenverteilung „eigentlich ganz klar“: Der Bund müsse Menschen bis zur Zulassung ihres Asylverfahrens in Österreich unterbringen und versorgen. Nach der Zulassung zum Verfahren haben sich die Länder in der Grundversorgungsvereinbarung verpflichtet, diese Aufgabe binnen zwei Wochen zu übernehmen. Die Länder hätten aber teils Quartiere zugesperrt, weil die Zahl der Menschen in Grundversorgung kaum gestiegen sei.

Ende August 2022 befanden sich 6.784 Schutzsuchende in Erstaufnahmestellen des Bundes. 4.514 davon waren aber schon zum Verfahren zugelassen, müssten also von den Bundesländern versorgt werden – die derzeit um rund 5.000 Asylwerber weniger versorgen würden als 2019.

NGOs fordern mehr Mietunterstüzung für privat wohnende Geflüchtete

Die aktuelle Überlastung der Bundes-Einrichtungen sei nicht auf die Zahl der Antragsteller im regulären Asylsystem zurückzuführen, sondern vor allem darauf, dass bisher privat untergebrachte Ukrainer verstärkt auf organisierte Quartiere zurückgreifen müssten. Dies liege auch an der mangelnden Unterstützung der privaten Quartiergeber. Angesichts der Teuerungen sei es „täglich weniger selbstverständlich, dass Private eine weitere Familie mitversorgen, ohne dafür ausreichend finanzielle Unterstützung zu bekommen“, stellte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser fest. Die NGOs fordern mehr Mietunterstützung für privat wohnende Geflüchtete, steuerliche Vorteile für Quartiergeber – und regen an, die Ukrainer in das Sozialhilfesystem zu überführen.
Wien trägt mit Bund Hauptlast bei Flüchtlingen

Weiters fordern die Hilfsorganisationen die anderen Länder – außer Wien, das mit dem Bund die Hauptlast trage – auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen und ausreichend Quartiere zu organisieren. Die Hilfsorganisationen stünden bereit, Unterbringung und Begleitung zu übernehmen, „sofern die finanziellen Rahmenbedingungen endlich den realen Kosten angepasst werden“, erklärte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. Angesichts der Teuerung müssten zudem die Kostensätze für Errichtung und Betrieb von organisierten Flüchtlingsquartieren noch einmal erhöht werden. Für Geflüchtete, deren Asylanträge offensichtlich begründet sind – etwa aus Afghanistan oder Syrien – sollte es Schnellverfahren geben, und nicht „monatelange unsinnige Zermürbung der Schutzsuchenden in Großlagern“, verlangte Lukas Gahleitner (asylkoordination österreich).

(Vienna.at/Agenturen)

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