Schengen-Zwist zwischen Wien und Zagreb

Das mögliche österreichische Veto zum Schengen-Beitritt Kroatiens sorgt weiter für politische Diskussionen in Zagreb. Ministerpräsident Andrej Plenkovic war am Montag um Beruhigung bemüht. Die österreichische Regierung reagiere lediglich auf die Besorgnis der Österreicher über die illegale Migration, sagte Plenkovic. Österreichische EU-Abgeordnete hielten unterdessen an der Schengen-Erweiterung fest.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte zuvor seine Ablehnung der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Erweiterung des Schengen-Raumes um Bulgarien, Rumänien und Kroatien bekräftigt. Die Länder warten seit ihren EU-Beitritten in den Jahren 2007 bzw. 2013 darauf, Teil des Schengen-Gebiets zu werden. In diesem sind Kontrollen an den Binnengrenzen aufgehoben, während die Außengrenzen verstärkt kontrolliert werden.

Österreich sagt jedoch, dass dieses System nicht funktioniere, und verweist auf die hohen Asylwerberzahlen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) reist am Mittwoch zu bilateralen Gesprächen nach Zagreb. Er werde dort unter anderem mit Plenkovic auch die Schengen-Erweiterung besprechen, hieß es auf ORF.at-Nachfrage aus dem Bundeskanzleramt. Offene Grenzen nach innen könne es nur geben, wenn die Außengrenzen geschützt sind. Deshalb werde man auch den Außengrenzschutz ansprechen.

Kritik an Österreich

„Der Grund, warum Österreich besorgt ist, ist nicht Kroatien, sondern die steigende Zahl von Asylwerbern in Österreich“, sagte Plenkovic nach Angaben der Nachrichtenagentur HINA. Zwar verstehe er die Sorgen Wiens, doch erwarte er Unterstützung und Verständnis für das, was Kroatien auf dem Weg zur Erfüllung der Schengen-Beitrittskriterien getan habe.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende erfolgreich sein werden“, sagte Plenkovic im Vorfeld des Besuchs von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch in Zagreb. Schärfer äußerte sich der kroatische Staatspräsident Zoran Milanovic. „Die Äußerungen sind besorgniserregend“, sagte er mit Blick auf Karner.

Milanovic kündigte an, dass er bei Nehammers Zagreb-Besuch mit dem Kanzler sprechen „und mich für unseren Beitritt einsetzen“ werde. „Mehr kann ich nicht tun“, sagte der frühere sozialdemokratische Regierungschef. Karners Widerstand gegen die Schengen-Erweiterung sei in Wirklichkeit „eine Abrechnung zwischen einigen EU-Mitgliedern auf Kosten Kroatiens“.

EU-Abgeordnete halten an Schengen-Erweiterung fest

Österreichische Abgeordnete des Europaparlaments halten unterdessen an einer Schengen-Erweiterung um Kroatien, Bulgarien und Rumänien fest. Das EU-Parlament habe der Aufnahme der Länder zugestimmt, dazu gebe es keine Änderung, sagte der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl am Dienstag in Straßburg. Es brauche aber „einen Weckruf“ für Tempo und Verbesserungen an der Asyl- und Migrationspolitik. „Schengen wollen wir nicht infrage gestellt wissen“, so die SPÖ-Europaabgeordnete Theresa Muigg.

Schieder: Karners Kritik „ins Leere gegangen“

SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder sagte, die Kritik Karners an Schengen sei gerade im Falle Kroatiens „ins Leere gegangen“. Bei Bulgarien „gibt es ein paar Fragen“, so Schieder, aber er befürworte dennoch einen Schengen-Beitritt Sofias. Muigg warnte davor, Themen populistisch gegeneinander auszuspielen.

Asyl- und Migrationspaket als „Diskussionsgrundlage“

Die Abgeordneten forderten einen Beschluss des Asyl- und Migrationspakets der EU-Kommission. Mandl bezeichnete dieses als gute Diskussionsgrundlage. Was noch fehle, seien Solidarität und Anrechnung bisheriger Leistungen zur Flüchtlingsaufnahme und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten beim Resettlement, also der dauerhaften Neuansiedlung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge in einem zur Aufnahme bereiten Drittstaat.

Mandl übte scharfe Kritik an der mit Mehrheit beschlossenen Haltung des Europaparlaments, allen Geflüchteten wie Ukrainern temporären Schutzstatus gewähren zu wollen. Das wäre realitätsfremd und außerdem ein völlig falsches Signal an Schlepper. Schieder bemängelte, dass Österreich zu jenen Staaten gehöre, die die Migrationsvorschläge der EU-Kommission blockierten und nunmehr die EU-Behörde kritisierten.

Mandl sagte, es brauche klare Regeln für Asyl, irreguläre Migration und legale Zuwanderung. Europa müsse sich rüsten, es sollte insbesondere Besorgnis auslösen, dass Serbien Bürgern jener Staaten Visafreiheit gebe, die den Kosovo nicht anerkennen, und damit Migrationsdruck auslöse. Das sei „Teil der hybriden Kriegsführung“. Muigg plädierte für ein einheitliches europäisches Asylverfahren, wo versucht werde, mehr und weniger aussichtsreiche Anträge von Beginn an zu trennen.

Vilimsky: Schengen ist nicht das richtige Konzept

Scharfe Kritik am Schengen-System übte FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky. „Schengen ist nicht das richtige Konzept für die aktuelle Zeit“, sagte er. Die EU-Außengrenze werde nicht ausreichend geschützt. Daher müssten die Staaten das Recht haben, ihre Grenzen zu schützen. Die Migration sei heute stärker als im Jahr 2015.

(ORF.at/Agenturen)

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