Mit dem Beitritt zu SEPA profitiert Montenegro nicht nur von günstigeren Transaktionen, sondern auch von einem Impuls für das Wirtschaftswachstum. Die Integration in die europäische Zahlungsinfrastruktur ermöglicht niedrigere Kosten bei grenzüberschreitenden Zahlungen, eine stärkere Bindung zur Diaspora, die Reduzierung informeller Geldflüsse, Anreize für ausländische Investoren sowie eine potenzielle Stärkung des Kapitalmarktes.
Doch wo steht Bosnien und Herzegowina in diesem Prozess?
Jasmina Selimović, Gouverneurin der Zentralbank von Bosnien und Herzegowina, äußerte sich kritisch zur aktuellen Lage: „Ich teile den Optimismus einiger Kollegen nicht. Die Inflation steht uns noch bevor, und die Handlungsfähigkeit der Zentralbank ist stark eingeschränkt. Unsere geldpolitischen Instrumente sind limitiert – eine bloße Erhöhung der Mindestreserve würde kaum ausreichen. Es bedarf eines sorgfältig abgestimmten Maßnahmenpakets, um den kommenden Herausforderungen zu begegnen“, erklärte Selimović.
Besonders brisant ist der Umstand, dass rund 80 Prozent des Außenhandels von Bosnien und Herzegowina mit SEPA-Mitgliedstaaten erfolgt. Gleichzeitig lebt die Mehrheit der Diaspora – deren Rücküberweisungen etwa zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen – ebenfalls in diesen Ländern. Für diese Menschen bedeutet die fehlende SEPA-Mitgliedschaft: hohe Überweisungsgebühren – oft zwischen fünf und 13 Euro pro Transaktion.
Der Wirtschaftsexperte Igor Gavran betont, dass ein SEPA-Beitritt sowohl für die Bevölkerung als auch für die Wirtschaft große Vorteile hätte: „Natürlich würde das helfen – allein schon, weil es die Geldtransfers aus dem Ausland erleichtert und günstiger macht. Aber man sollte sich keine Illusionen machen: Ein solcher Schritt allein wird nicht ausreichen, um das BIP spürbar zu steigern.“
Gavran sieht vor allem die bosnische Diaspora als große Verliererin der aktuellen Situation: „Viele Familien erhalten Geld von Angehörigen aus SEPA-Ländern, und derzeit bleibt ein erheblicher Teil dieser Summen bei den Banken hängen – als Gebühr. Hier gäbe es dringenden Handlungsbedarf.“
Auf mögliche Hürden angesprochen, etwa in Bezug auf EU-Sanktionen gegen Russland, äußerte Gavran vorsichtige Bedenken: „Wenn die SEPA-Mitgliedschaft von einer Angleichung an EU-Sanktionsregeln abhängt, könnte das problematisch sein – insbesondere für die ohnehin schwierige wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland und anderen sanktionierten Staaten. Doch ich hoffe, dass ein Beitritt auch ohne solche Bedingungen möglich ist.“
Indessen macht Montenegro vor, wie es geht. Irena Radović, Gouverneurin der Zentralbank Montenegros, berichtete stolz über den raschen Ablauf: „Ursprünglich planten wir den Antrag für Dezember 2024 und die gesetzliche Harmonisierung innerhalb von drei Jahren. Doch wir haben alles beschleunigt und den Antrag bereits im März 2024 eingereicht.“
Sie betonte zudem die konkreten ökonomischen Vorteile: „Durch die SEPA-Integration konnten wir die Transaktionskosten bei europäischen Banken – vormals bis zu 13 Euro – auf null bis ein Euro senken. Prognosen zeigen, dass das Pro-Kopf-BIP Montenegros in den nächsten zehn Jahren um rund 2.538 Euro steigen wird – dank SEPA und des TIPS-Systems.“
Bosnien und Herzegowina hingegen verpasst weiterhin die Chance auf diese wirtschaftliche Transformation – auf Kosten seiner Bürger*innen im In- und Ausland.