EU schließt Außengrenzen für 30 Tage

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben einer 30-tägigen Schließung der EU-Außengrenzen zur Eindämmung des Coronavirus beim Sondergipfel am Dienstag zugestimmt. Der Beschluss soll von den Mitgliedsstaaten „so rasch wie möglich“ umgesetzt werden, so ein Sprecher des Bundeskanzleramts. Der Gipfel fand via Videokonferenz statt.

Das betrifft die Länder mit Außengrenzen wie Griechenland, aber auch alle Mitgliedsstaaten, in denen Flüge aus Drittstaaten ankommen. Das Einreiseverbot gilt für „nicht notwendige Reisen“, wie es heißt. Nun liege es an den EU-Staaten, den Beschluss umzusetzen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie hätten zugesagt, das sofort tun zu wollen. Ihr Vorschlag sieht Ausnahmen etwa für Diplomatinnen und Diplomaten, Ärztinnen und Ärzte sowie für Krankenpflegepersonal vor.

Von der Leyen knüpft daran auch die Hoffnung, dass daraufhin die Kontrollen an den Binnengrenzen der EU gelockert werden könnten. Etliche Länder hatten in den vergangenen Tagen Grenzkontrollen im eigentlich kontrollfreien Schengen-Raum eingeführt oder die Grenzen weitgehend geschlossen, neben Österreich noch Luxemburg, Frankreich, Dänemark und die Schweiz.

Kurz: Harte Maßnahmen „je früher desto besser“

Österreich trägt die Entscheidung der EU mit, hält aber an der Kontrolle seiner Grenzen fest, mit Ausnahmen für den Warenverkehr zur Lebensmittelversorgung und Pendlerinnen und Pendler. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rief bei dem Sondergipfel die anderen EU-Länder dazu auf, harte Maßnahmen zu setzen, „je früher desto besser“. Österreich will auch so rasch wie möglich das Einreiseverbot umsetzen, zuständig ist das Innenministerium.

rland und Großbritannien, die durch ihr gemeinsames Reisegebiet aneinander gebunden sind, wurden durch die EU-Spitze dazu ermuntert, sich ebenfalls an der Schließung zu beteiligen. Die Entscheidung kann aber jedes Land für sich treffen. Von der Leyen betonte, dass es Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern stets möglich sein muss, in ihre Heimatländer zurückreisen zu können. Schließlich befänden sich vor allem viele EU-Bürgerinnen und Bürger im EU-Ausland.

Hilfe für Wirtschaft

Die EU-Staats- und Regierungschefs sagten der europäischen Wirtschaft jede verfügbare Hilfe zu. „Was immer nötig“ sei, werde gegen die Folgen der Krise getan, so EU-Ratschef Charles Michel. Damit schlossen sich die Staats- und Regierungschefs den Beschlüssen der Finanzminister der 27 Staaten an. Immer mehr Firmen geraten durch Geschäfts- und Werksschließungen schwer unter Druck. Die Börsen brachen ein.

Die EU-Kommission rechnet mit einer Rezession in diesem Jahr. Von der Leyen hatte erklärte: „Das Virus ist der Feind, und wir müssen nun unser Möglichstes tun, um unsere Bevölkerung und unsere Wirtschaften zu schützen. Wir sind bereit, alles Nötige zu tun. Wir werden uns nicht vor zusätzlichen Maßnahmen scheuen, wenn sich die Lage weiterentwickelt.“

Schon jetzt haben die Staaten der Euro-Zone Schätzungen zufolge mehr als eine Billion Euro an Wirtschaftshilfen in Aussicht gestellt. Nach einer Erklärung der Euro-Gruppe wurden etwa zehn Prozent der gemeinsamen Wirtschaftskraft in Form von Kreditgarantien oder gestundeten Steuerschulden an Liquiditätshilfen zugesagt, zudem ein Prozent für direkte Finanzspritzen – das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Euro-Zone liegt bei mehr als elf Billionen Euro.

Investitionen im Wert von 37 Mrd. Euro vorgesehen

Die EU-Kommission hatte zudem ein Maßnahmenbündel auf europäischer Ebene vorgeschlagen, darunter eine Investitionsinitiative im Wert von 37 Milliarden Euro, die Aktivierung von 28 Milliarden Euro aus den EU-Strukturfonds und die Absicherung von Krediten der Europäischen Investitionsbank für bis zu 100.000 europäische Firmen.

Teil des Pakets ist die vorübergehende Lockerung von EU-Beihilferegeln. Damit sollen die EU-Staaten freie Hand bekommen, je Firma bis zu 500.000 Euro direkte Finanzhilfe oder Steuerstundung zu geben. Die Staaten dürften auch Garantien für Kredite abgeben und Zinsen subventionieren. Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager betonte in Brüssel: „Wir müssen schnell handeln. Wir müssen in koordinierter Art und Weise handeln.“

Weitere Videogipfel geplant

Vor der Videoschaltung waren Forderungen nach einem starken Signal laut geworden, um Märkte zu beruhigen und Spekulationen zu unterbinden. „Die Staats- und Regierungschefs müssen heute ein europäisches ‚Whatever it takes‘ (Dt.: ‚Was immer es braucht‘, Anm.) verkünden“, forderte etwa Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner. Die sozialdemokratische Fraktionschefin im Europaparlament, Iratxe Garcia, kritisierte, bisher zeige die EU zu wenig Mut. Sie hoffe, dass sich das jetzt ändere.

Der reguläre EU-Gipfel nächste Woche wird unterdessen wegen des Coronavirus durch eine neuerliche Videokonferenz ersetzt. Ursprünglich war ein EU-Gipfel mit Präsenz aller 27 Staats-und Regierungschefs in Brüssel für Donnerstag und Freitag geplant.

Sassoli begrüßt Zustimmung

EU-Parlamentspräsident David Sassoli begrüßte die Zustimmung der EU-Spitzen zu den Vorschlägen der EU-Kommission. „Europa macht den Egoismus und die mangelnde Koordination zwischen den nationalen Regierungen angesichts der Covid-19-Krise wett“, erklärte Sassoli nach dem EU-Sondergipfel.

„Endlich legen wir Solidarität an den Tag“, so der EU-Parlamentspräsident. „Ein geeintes Europa, das bereit und willens ist zu handeln, tritt endlich auf den Plan, um diese dramatische Herausforderung anzugehen.“ Das Europäische Parlament sei bereit, seinen Beitrag zu leisten, um Leben und Lebensunterhalt der Bevölkerung zu schützen. „Wir werden nicht aufgeben, als Europäer zu leben.“

chvo, ORF.at, aus Brüssel/Agenturen

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