SPÖ sucht Erfolgsrezept im Burgenland

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat bei der Landtagswahl am Sonntag mit 19 Mandaten knapp die absolute Mehrheit eingefahren. Damit beendet er eine lange Talfahrt der SPÖ, die bei den vergangenen Wahlen nahezu durchgehend Niederlagen eingefahren hat. Ob sich damit tatsächlich eine Trendwende für die Sozialdemokraten abzeichnet, ist aber fraglich.

„Überwältigt“ und „sprachlos“ zeigte sich Doskozil angesichts der unerwartet hohen Zugewinne. Es sei der „schönste Tag seines Lebens“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Zugleich betonte er, dass er stolz sei, in der „Sozialdemokratie des Burgenlands zu Hause zu sein“. Der Sieg im Burgenland nun sei aber auch ein starkes Zeichen für die Sozialdemokratie nach einer Reihe von Wahlniederlagen.

Nur eine der vier Bundes- und Landeswahlen im vergangenen Jahr – die Vorarlberger Landtagswahl im Oktober – hatte ein wenig Anlass zum Feiern geboten. Denn dort sackte die SPÖ nicht noch weiter ab, sondern legte leicht zu, allerdings auf den weiterhin äußerst geringen Anteil von 9,5 Prozent. Zuletzt hatte der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) bei der Landtagswahl 2018 ein plus von über zehn Prozentpunkten eingefahren.

Doskozil will alleine regieren

Am Montag werden die burgenländischen Parteigremien von SPÖ und ÖVP zusammentreten. Bei den Sozialdemokraten wird es vor allem um die Koalitionsfrage gehen. Doskozil beantwortete diese Sonntagabend in der ZIB2 eigentlich schon. Durch die absolute Mehrheit sehe er keine Regierungsbeteiligung einer anderen Partei: „Eine absolute Mehrheit ist eine absolute Mehrheit.“ Er könne sich aber mit den anderen Parteien inhaltliche Arbeitsübereinkommen vorstellen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Das Ergebnis im Burgenland sieht er als „ersten Schritt, die SPÖ aufzurütteln“. Eine Debatte über die Führung der Bundes-SPÖ halte er nicht für zielführend: Das würde die „Problemstellung unterdrücken“. Man werde sehen, wer bei der nächsten Nationalratswahl der beste Kandidat sein werde. Erneut sprach sich Doskozil in der ZIB2 für eine Sicherungshaft aus, wenn sie der Verfassung entspreche. Damit stellte sich der burgenländische Landeshauptmann gegen die Linie von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.

Gute Nachricht für Landes-SPÖ

Für Rendi-Wagner hat die Siegermedaille im Burgenland zwei Seiten. Zwar ist mit dieser Landtagswahl nun die Serie der Wahlniederlagen gebrochen. Die SPÖ-Chefin freute sich daher sichtbar über das „hervorragende Ergebnis“. Der Kärntner Landeshauptmann sieht darin auch einen „beeindruckenden Erfolg für die Bundespartei und Rendi-Wagner“ – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Doch mit dem Erfolg der burgenländischen SPÖ ist mit Doskozil auch ein SPÖ-Politiker gestärkt worden, der nicht immer mit Rendi-Wagner auf einer Linie ist. Zuletzt hatte Doskozils Vorgänger Hans Niessl (SPÖ) die absolute Mehrheit im Burgenland geholt.

Entsprechend argumentierte auch Politologe Peter Filzmaier im ORF-Interview, dass das Burgenland-Ergebnis zunächst einmal eine gute Nachricht für die Landes-SPÖ sei und eine weniger gute für die SPÖ auf Bundesebene. Schließlich habe die Partei hier auch konkrete Projekte wie etwa den Mindestlohn für Landesbedienstete durchgesetzt. „Das geht aus der Oppositionsrolle auf Bundesebene nicht“, analysierte Filzmaier.

„Gibt ein Erfolgsrezept“

Man habe nun im Burgenland gesehen, dass es „ein Erfolgsrezept gibt“, sagte Rendi-Wagner in ihrer Reaktion auf das Ergebnis der Landtagswahl: „Wir alle können uns ein Beispiel nehmen, wie die gesamte SPÖ Burgenland für ein gemeinsames Ziel gelaufen ist.“ Fraglich ist aber, ob es dieses eine Erfolgsrezept für die gesamte SPÖ gibt. Auch wenn der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl bereits eine Trendwende für die SPÖ in ganz Österreich sieht.

Mehrere Burgenland-spezifische Kriterien führten aber zum Erfolg der SPÖ im Burgenland. Fast drei Viertel aller SPÖ-Wähler trafen die Wahlentscheidung ausschließlich als burgenländische Entscheidung. Bei der ÖVP Burgenland waren das nur 26 Prozent. Hier hat sich auch Bundes-ÖVP-Chef Sebastian Kurz stark in den Wahlkampf involviert. Denn ebenfalls 26 Prozent gaben die Sympathie für Kanzler Kurz als Hauptmotiv an.

41 Prozent für Doskozil

Auch bei den SPÖ-Wählern spielte die persönliche Komponente eine große Rolle – die Entscheidung fiel aber auf den burgenländischen Kandidaten Doskozil. 41 Prozent der SPÖ-Wähler und -Wählerinnen wählten die Partei aufgrund des Spitzenkandidaten, wie die OGM-Wahltagsbefragung zeigt – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Inhaltliche Aspekte und die Arbeit der Partei waren weit abgeschlagen. ÖVP-Burgenland-Spitzenkandidat Thomas Steiner etwa war nur für sechs Prozent der Wähler der Grund, der ÖVP die Stimme zu geben.

Dabei spielt auch die Besonderheit des Wahlrechts im Burgenland eine Rolle. Demnach schlägt eine Stimme für den Spitzenkandidaten das Votum für die Partei. Ein Kreuz bei Doskozil ist also automatisch auch eine Stimme für die SPÖ. Entsprechend schlägt auch ein potenzieller „Kurz-Bonus“ nicht so stark durch. Kurz hob in seiner Reaktion auf die Ergebnisse im Burgenland eine Verbesserung gegenüber 2015 hervor: „Mit den Zugewinnen im Burgenland verzeichnen wir als Volkspartei die siebente erfolgreiche Landtagswahl in Folge.“

Tschürtz: „Haben wirklich gut gearbeitet“

Der stellvertretende Landeshauptmann Johann Tschürtz (FPÖ), der mit seiner Partei knapp unter die Zehn-Prozent-Marke fiel, sieht keine personellen Konsequenzen: „Ich glaube, wir haben wirklich gut gearbeitet.“ Man müsse „einfach akzeptieren“, dass Doskozil mit seinem Vorzugsstimmenwahlkampf ein hervorragendes Ergebnis vollbracht habe.

Auch NEOS-Spitzenkandidat Eduard Posch will sich trotz des verpassten Einzugs in den burgenländischen Landtag nicht zurückziehen: „Ich werde weitermachen“, sagte er am Sonntag. Er sei aber „traurig“, das Wahlziel nicht erreicht zu haben.

Die grüne Spitzenkandidatin Regina Petrik hielt das Ergebnis von rund sechs Prozent, konnte es aber trotz des Rückenwindes der Grünen auf Bundesebene nicht ausbauen. Sie will weiterhin auf die Themen Klima, öffentlicher Verkehr und Transparenz im Burgenland setzen. Über eine mögliche Regierungsbeteiligung will sie nicht spekulieren: „Der Ball liegt bei Hans Peter Doskozil.“

Vorbild für Wien?

Filzmaier rechnet nicht mit großen Auswirkungen der Landtagswahl auf die Bundesregierung. Eine Vorbildwirkung könnte Doskozils Sieg aber für die kommende Wien-Wahl und den SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig haben. So sei es etwa möglich, Strategieelemente zu übernehmen, wie das Lancieren sozialpolitischer Themen kurz vor der Wahl. Entsprechend sprach Ludwig am Sonntag auch von einem „Tag der Freude für die ganze SPÖ-Familie“.

Allerdings sind die Voraussetzungen in Wien völlig andere als im ländlich geprägten Burgenland. Ludwig hat mit stärkeren Grünen in Wien zu rechnen. Die Grünen haben im Burgenland ihre zwei Mandate halten, aber nicht zulegen können. Und der bisher von Ludwig-Vorgänger Michael Häupl (SPÖ) hochgehaltene Zweikampf SPÖ vs. FPÖ fällt nun bei der Mobilisierung durch die Krise der FPÖ weg.
sile, ORF.at/Agenturen

(ORF.at/Agenturen)

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