Großrazzia gegen rechtes Terrornetzwerk

Bei einer deutschlandweiten Razzia sind am Mittwoch in den frühen Morgenstunden 25 mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer einer terroristischen Vereinigung aus dem „Reichsbürger“-Milieu festgenommen worden. Wie Justizminister Marco Buschmann (FDP) und die Bundesanwaltschaft mitteilten, bestehe der Verdacht, dass ein bewaffneter Überfall auf Verfassungsorgane geplant gewesen sei.

Die spätestens Ende November vergangenen Jahres gegründete Vereinigung hatte laut Bundesanwaltschaft das Ziel, „die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen“. Ausgangspunkt der Ermittlungen sollen Verbindungen von Mitgliedern der nun ausgehobenen Vereinigung zu Angehörigen der Gruppe „Vereinte Patrioten“ sein, die im April festgenommen worden waren und geplant haben sollen, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu entführen.

Festgenommen wurden die Menschen den Angaben nach in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland sowie Sachsen und Thüringen. Festnahmen gab es offenbar auch in Österreich und Italien.

Mehrere Festnahmen in Österreich?

In Österreich sollen Personen in mehreren Bundesländern festgenommen worden sein. Der Chef der österreichischen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, nannte dazu am Mittwoch keine Details, die Kommunikation obliege den deutschen Behörden. Doch verwies er auf eine „starke Szene“ auch hierzulande.

„Abgrund terroristischer Bedrohung“

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach mit Blick auf die mutmaßlichen Umsturzpläne am Mittwoch von einem „Abgrund terroristischer Bedrohung“. „Die heute aufgedeckte mutmaßliche terroristische Vereinigung ist – nach dem Stand der Ermittlungen – von gewaltsamen Umsturzfantasien und Verschwörungsideologien getrieben“, so Faeser in Berlin. Der Rechtsstaat wisse sich jedoch „gegen die Feinde der Demokratie zu wehren“.

Anhängerinnen und Anhänger von Verschwörungsmythen

Die Mitglieder des mutmaßlichen Terrornetzwerks, für das die Behörden noch keinen Namen hätten, verbinde „eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland“. Sie sollen Verschwörungsmythen anhängen und davon überzeugt sein, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines „Deep State“ regiert werde.

Der Karlsruher Behörde zufolge glaubten sie, dass eine „Allianz zur Befreiung“ einschreiten werde, ein technisch überlegener Geheimbund von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten, darunter Russland und die USA. Deren Angriff sei ihrer Überzeugung nach zeitnah bevorgestanden.

Pläne für militärische Übergangsregierung

Das Terrornetzwerk habe geplant, die verbleibenden Institutionen und Repräsentanten des Staates zu bekämpfen. Ein militärischer Arm habe den demokratischen Rechtsstaat beseitigen sollen, danach habe eine militärische Übergangsregierung gebildet werden sollen. Geplant war offenbar, dass diese mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs die neue staatliche Ordnung verhandeln solle.

Kopf soll aus Hessen stammen

Als künftiges Staatsoberhaupt sollte dabei laut Generalbundesanwalt der Kopf der Gruppe fungieren. Der ARD und dem „Spiegel“ zufolge handelt es sich dabei um Heinrich XIII. Prinz Reuß – auch er wurde festgenommen. Den Ermittlungen zufolge soll der Adelstitelträger Vorsitzender des zentralen Gremiums der Gruppe gewesen sein.

Ex-AfD-Abgeordnete sollte „Justizministerin“ werden

Neben Heinrich XIII. Prinz Reuß sei auch die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann unter den Beschuldigten, berichteten deutsche Medien. Die Berliner Richterin, von 2017 bis 2021 Abgeordnete, sollte im „Kabinett“ von Heinrich XIII. „Justizministerin“ werden. Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) bezeichnete Malsack-Winkemann als „brandgefährliche Person“. „Das ist eine Person, die als Richterin auf keinen Fall mehr tätig sein darf“, so Kreck.

Entscheidung über Untersuchungshaft noch am Mittwoch

Den Angehörigen des Netzwerks soll laut Bundesanwaltschaft bewusst gewesen sein, dass ihre Pläne nur mit dem Einsatz von militärischen Mitteln und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten hätten verwirklicht werden könnten. Dazu hätten auch Tötungen gehört. Die Beschuldigten sollen am Mittwoch und Donnerstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, der über die Untersuchungshaft entscheidet.

(ORF.at/Foto: gettyimages)

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